Kirchliche Gerichtsbarkeit (1857–1868)

Die Eheverfahren, welche vor den neu errichteten kirchlichen Ehegerichten geführt wurden, konnten wir ebenfalls anhand überlieferter Aktendossiers rekonstruieren. Im Gegensatz zum Magistrat der Stadt Wien, der die von den Streitparteien eingereichten Beweismittel in den allermeisten Fällen vermutlich retournierte, finden sich in den Aktendossiers des Ehegerichts St. Pölten vermutlich alle Dokumente, die vom bzw. für das Ehegericht erzeugt worden waren: vom Klageprotokoll über ärztliche Atteste, Protokolle der Einvernahme von Zeug*innen, gerichtliche Vorladungen, Korrespondenzen mit weltlichen Behörden, bis hin zum Urteil. Die Zuordnung der Akten zum „richtigen“ Verfahren wurde durch den Umstand erleichtert, dass die Regelung der Scheidungsfolgen nicht an die katholischen Ehegerichte übertragen worden war.