Welche Möglichkeiten, sich von seinem ungeliebten Ehepartner bzw. seiner ungeliebten Ehepartnerin zu scheiden, hatten christliche Ehepaare in der Frühen Neuzeit? Welche Argumente brachten die Eheleute bzw. deren Anwälte vor und inwieweit wurden diese von den Kirchengerichten als Scheidungsgrund anerkannt? Welchen Ausgang nahm etwa die Scheidungsklage, die Regina Hoferin 1782 beim Wiener Konsistorium gegen ihren Mann eingebracht hatte?
Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigten sich die Ö1-Dimensionen vom 28. Oktober 2014. Im Mittelpunkt der von Lukas Wieselberg gestalteten Sendung stehen eine Geschichte der Ehescheidung von der Reformation bis zur Aufklärung und erste Ergebnisse unseres Forschungsprojekts sowie der in Wien abgehaltenen, internationalen Tagung „Kein Bund für’s Leben? Eheleute vor kirchlichen und weltlichen Gerichten“.
Bevor der Tod sie scheidet. Ehetrennungen im Mittelalter und der Neuzeit. Gestaltung: Lukas Wieselberg Körperliche Gewalt, Ehebruch, Impotenz. Aber auch nicht vorhandene oder “falsche” Gefühle. Und immer wieder wirtschaftliche Fragen und Streit um Unterhalt und Kinder. Das sind nicht nur wichtige Gründe für Scheidungen in der Gegenwart. Sie spielten schon im Mittelalter und in der frühen Neuzeit eine wichtige Rolle. In einem bisher einzigartigen Forschungsprojekt haben Historikerinnen tausende Akten aus dem 16. bis 19. Jahrhundert untersucht, die von Eheverfahren in Niederösterreich und Wien stammen. Auch wenn Katholik/innen die Scheidung verboten war, konnten sie sich doch “von Tisch und Bett trennen”. Notwendig dafür war ein Verfahren vor einem kirchlichen und – ab 1783 – weltlichen Gericht. Deren Dokumente zeigen nicht nur erstaunliche Parallelen in die Gegenwart. Sie liefern auch Einsicht in das Leben einfacher Handwerker und Taglöhner/innen, die üblicherweise nicht im Fokus der Geschichtswissenschaft stehen.