Aktivitäten

2024-07-10: Aktualisierung der Datenbank

2023-08-29: Soeben erschienen: Gender and Divorce in Europe

Gender and Divorce in Europe: 1600 – 1900: A Praxeological Perspective
Edited by Andrea Griesebner and Evdoxios Doxiadis. Routledge 2023.

Preview

2023-05-26: Aktualisierung der Datenbank

2021-07-10 | CONFERENCE: SEPARATED BEDS – INTERWOVEN PROPERTY: DIVORCE IN CONTEXT | 1600-1900: VIENNA 1/2 OCTOBER 2021

2021-06-25: Aktualisierung der Datenbank

2020-12-18: Aktualisierung der Datenbank

Die in das Webportal integrierte Datenbank wurde aktualisiert.

Conference: Separated Beds – Interwoven Property: Divorce in Context | 1600-1900: POSTPONED TO 21/22 May 2021

Postponed due to Coronavirus to 21/22 May 2021
Preliminary Program

2020-02-08: Aktualisierung Datenbank

Die in das Webportal integrierte Datenbank wurde um weitere Daten aktualisiert.

CfP: Separated Beds – Interwoven Property: Divorce in Context | 1600-1900

Location: Austria, Vienna
Venue: University of Vienna
Hosted by: OeNB research project “Separated beds – Interwoven Property: Regulation of Separation Consequences since the 16th Century”, in cooperation with the Faculty of Historical and Cultural Studies and the Department of History of the University of Vienna.

Date: 15.05.2020 – 16.05.2020
Deadline: 28.02.2020

Call for Papers

Until the introduction of civil marriage, marriages in all European territories could be entered into and separated only in accordance with the conditions of religions and denominations respectively. Today the divorce of civil marriage is common practice in European societies. The fact that religious marriages regulated by faith communities could be divorced is still not widely conveyed. The historical studies that appeared in recent years make it clear that religions and denominations respectively differed as to the type of divorce they allowed, what divorce grounds they recognized, and whether they gave the divorced spouses the right to remarry. Divorced Catholics were forbidden to enter into a new marriage until the death of their husband or wife. On the other hand, the matrimonial property regime was partly independent of religion or denomination, and thus also the regulation of the divorce consequences, which depended particularly on local traditions until civil codes were passed.

Depending on the historically different divorce possibilities and the density of the remaining sources, the documents produce in the context of marital conflicts and divorces open up a wide field of research: With the exception of uncontested divorces, it is possible to analyze how plaintiffs and defendants argued in court and what arguments judges recognized or rejected as divorce grounds. The certificates submitted and witnesses mentioned allow one to reconstruct the relationship networks of the wives and the husbands. Divorce settlements and civil proceedings regulating the divorce consequences indicate who received custody of children, how the property of the couple was divided and how maintenance was regulated. They provide insight into the ways the couple had made a living and how the divorced spouses intended to make a living in the future. Recent studies show that the economic position of women varied greatly depending on the prevailing matrimonial property regime and the marriage contract which was agreed upon. Especially in regions with community of goods, it was often the women who, as daughters or widows, brought a house and farm or a trade and business license into the marriage. The sources thus allow conclusions to be drawn on the property and wealth of women and show the variety of trades and occupations pursued by women before and also after marriage, which are usually beyond the reach of historians. Recent studies have also indicated that divorce –  independent of denomination or religion – was not, as was long suspected, limited to married couples of the higher social strata, but was practice in all levels of society.

The conference will examine the norms divorce-(un)willing spouses of the various denominations and religions were faced with from the end of the Middle Ages to the end of the 19th century. At the same time, we are interested in how these norms were negotiated in practice – before Protestant and Catholic consistories, before rabbinic or Sharia courts, and also before secular courts.
The broad range of possible links to the topic of the conference includes issues of (social) regulation in the access to marriage, transfer of goods during and after marriage, and issues of how married couples and divorced spouses made a living. Studies investigating the options for and the living conditions of divorced men and women are also welcome.

Keynote: Maria Ågren, Married Women’s Property and Work, Uppsala University

Please send your proposals for papers (approx. 1 page/300 words) together with a short academic CV by 28 February 2020 to:

Univ. Prof. Dr. Andrea Griesebner
andrea.griesebner[at]univie.ac.at
and
BA MA Isabella Planer
isabella.planer[at]univie.ac.at

We are pleased to be able to take care of the hotel and the food during the conference. We ask for your understanding that the travel expenses can be refunded only in exceptional cases.

Getrennte Betten – verwobene Güter. Ehescheidungen im Kontext | 1600-1900

Ort: Österreich, Wien
Veranstaltungsort: Universität  Wien
Veranstalter: OeNB Projekt „Getrennte Betten – verwobene Güter. Regelung der Trennungsfolgen seit dem 16. Jahrhundert“, in Kooperation mit der Historisch Kulturwissenschaftlichen Fakultät und dem Institut für Geschichte der Universität Wien.

Datum: 15.05.2020 – 16.05.2020
Deadline: 28.02.2020

Call für Papers

Bis zur Einführung der Zivilehe konnten Ehen in allen europäischen Territorien nur nach den Bedingungen der Religionen bzw. Konfessionen geschlossen und getrennt werden. Die Scheidung der Zivilehe ist in den europäischen Gesellschaften heute vielgelebte Praxis. Das Wissen, dass auch religiöse, d.h. von Glaubensgemeinschaften regulierte Ehen, geschieden werden konnten, ist nach wie vor wenig verbreitet. Die in den letzten Jahren entstanden historischen Studien verdeutlichen, dass Konfessionen bzw. Religionen sich hinsichtlich der Frage unterschieden, welche Art von Scheidung sie erlaubten, welche Scheidungsgründe sie anerkannten und ob sie den geschiedenen Eheteilen das Recht zur Wiederverheiratung gewährten. Geschiedenen Katholik*innen war es etwa bis zum Tod des Ehemannes bzw. der Ehefrau verboten, eine neue Ehe einzugehen. Von der Religion bzw. Konfession teilweise unabhängig war hingegen das Ehegüterrecht und damit auch die Regelung der Scheidungsfolgen, die bis zur Verabschiedung von Zivilrechtskodifikationen vor allem von lokalen Traditionen abhängig waren.

Abhängig von den historisch unterschiedlichen Scheidungsmöglichkeiten und der Dichte der Quellenüberlieferung eröffnen die im Kontext von Ehekonflikten und Ehescheidungen produzierten Quellen ein weites Forschungsfeld: Mit Ausnahme der einverständlichen Scheidungen lässt sich analysieren, wie Kläger*innen und Beklagte vor Gericht argumentierten und welche Argumente die Richter als Scheidungsgründe anerkannten bzw. ablehnten. Anhand der vorgelegten Atteste und angeführten Zeug*innen lassen sich die Beziehungnetzwerke der Ehefrauen und der Ehemänner rekonstruieren. Den Scheidungsvergleichen bzw. Zivilprozessen zur Regelung der Scheidungsfolgen lässt sich entnehmen, wer die Obsorge über welche Kinder erhielt und wie das Vermögen des Ehepaares aufgeteilt und der Unterhalt geregelt wurde. Sie eröffnen Einblicke in die Umstände, wie das Ehepaar seinen Lebensunterhalt bestritten hatte und die geschiedenen Ehepartner*innen künftig zu bestreiten beabsichtigten. Wie neuere Studien zeigen, war die ökonomische Position von Frauen je nach vorherrschendem Ehegüterregime und geschlossenem Ehevertrag sehr unterschiedlich. Vor allem in Regionen mit Gütergemeinschaft waren es oft Frauen, die als Töchter oder Witwen Haus und Hof, oder auch das Gewerbe und die Gewerberechtigung in die Ehe eingebracht hatten. Die Quellen erlauben damit auch Rückschlüsse auf Besitz und Vermögen von Frauen und zeigen die Vielfalt von Arbeiten und Beschäftigungen auf, denen Frauen vor und auch nach der Ehe nachgingen, die dem Blick der Historiker*innen sonst meist entzogen sind. Neuere Studien belegen zudem, dass Scheidung – von der Konfession bzw. Religion unabhängig – nicht, wie lange vermutet, auf Ehepaare der höheren sozialen Schichten begrenzt, sondern in allen sozialen Schichten Praxis war.

Die Konferenz möchte der Frage nachgehen, mit welchen Normen scheidungs(un)willige Ehepartner*innen der verschiedenen Konfessionen bzw. Religionen vom ausgehenden Mittelalter bis zum Ende des 19. Jahrhunderts konfrontiert waren. Zugleich interessieren wir uns dafür wie diese Normen in der Praxis – vor protestantischen und katholischen Konsistorien, vor Rabbinats- oder Schariagerichten, aber auch vor weltlichen Gerichten – verhandelt wurden.
Das breite Spektrum an Anknüpfungsmöglichkeiten zum Rahmenthema der Konferenz umfasst gleichermaßen Fragen zu (sozialen) Regulativen im Zugang zur Ehe, zum Gütertransfer bei und nach der Heirat sowie zu Fragen, wie Ehepaare und Geschiedene ihren Lebensunterhalt bestritten. Von Interesse sind zudem auch Studien, welche nach den Handlungsoptionen und Lebensbedingungen geschiedener Männer und Frauen fragen.

Keynote: Maria Ågren, Married women’s Property and Work, Uppsala University

Bitte senden Sie Ihr Proposal (ca. 1 Seite / 300 Wörter) zusammen mit einem kurzen CV per E-Mail bis zum 28.02.2020 an:

Univ. Prof. Dr. Andrea Griesebner
andrea.griesebner[at]univie.ac.at
und
BA MA Isabella Planer
isabella.planer[at]univie.ac.at

Wir freuen uns, dass wir die Hotelkosten und die Verpflegung während der Tagung – gemeinsame Mittag- und Abendessen – übernehmen können. Wir bitten um Verständnis, dass die Reisekosten nur in Ausnahmefällen refundiert werden können.

 

Workshop: 7. Dezember 2019, Ehescheidung im Kontext. Universität Wien

Wir freuen uns, zu unserem Workshop einzuladen.

Ehescheidung im Kontext
Workshop des OENB Forschungsprojekts: Getrennte Betten – verwobene Güter. Regelung der Trennungsfolgen seit dem 16. Jahrhundert.

7. Dezember 2019
Institut für Geschichte | Universität Wien
Seminarraum 1 | Hauptgebäude

Präsentation: 21. November 2018, 18.30-20.00, HS 30, Hauptgebäude der Uni Wien

Geschichte am Mittwoch

Präsentation des Webportals: Ehen vor Gericht 2.0 | Marriages at Court 2.0 und Ehepaare vor dem Wiener Zivilmagistrat (1783–1850)

Birgit Dober | Andrea Griesebner | Susanne Hehenberger | Isabella Planer

Moderation: Evelyne Luef

Die katholische Kirche vertritt den Standpunkt, dass bei der Trauung ein sakramentales Eheband gestiftet wird, welches nur durch die Annullierung oder den Tod des Ehepartners / der Ehepartnerin gelöst wird. Bei nachgewiesenen schweren Eheverfehlungen erlaubt das kanonische Eherecht allerdings eine befristete Trennung oder eine unbefristete Scheidung von Tisch und Bett. Mit der Einführung der Zivilehe im Juni 1938 verlor dieses Institut zunehmend an Bedeutung und geriet sowohl im Alltag wie auch in der Geschichtswissenschaft in Vergessenheit. Seit 2010 untersucht Andrea Griesebner mit einem Team von Mitarbeiter*innen die Ehegerichtsbarkeit im Erzherzogtum Österreich unter der Enns seit der Mitte des 16. Jahrhunderts. Für ausgewählte Zeitsegmente zwischen 1558 und 1867 konnten rund 3.500 Gerichtsverfahren von mehr als 2.200 Ehepaaren eruiert werden.

Begleitend zu den Forschungen entwickelte das Team das Webportal Ehen vor Gericht, welches im November 2015 online ging. In den letzten Jahren wurde die Präsentationsplattform zunehmend erweitert. Das heute durchgehend zweisprachige Webportal Ehen vor Gericht 2.0 |Marriages at Court 2.0 bietet – differenziert nach Untersuchungszeiträumen und untersuchten Gerichten – einen Einblick in die Zielsetzung, informiert über die Arbeit mit den Quellen und stellt Forschungsergebnisse vor. Das Herzstück bildet eine Datenbank der erhobenen Eheverfahren, mittels derer die Eckdaten – von den vorgebrachten Argumenten bis zum Urteil – abrufbar sind. Soweit rekonstruierbar, enthält die Webdatenbank auch die Personenstandsdaten der Ehepartner*innen, das Heiratsdatum, den Familienstand und das Alter bei der Hochzeit sowie den gemeinsamen Wohnort des Ehepaares.

Vorgestellt werden zugleich die Ergebnisse des vom 1. März 2018 bis 30. Juni 2018 am Institut für die Erforschung der Frühen Neuzeit (IEFN) angesiedelten Forschungsprojekts: Scheidungsverfahren vor dem Wiener Zivilmagistrat (1783–1850). Das von der Stadt Wien finanzierte Forschungsprojekt ermöglichte uns weitere personenbezogenen Recherchen für jene 396 Ehepaare bzw. 792 Personen, welche in einem der untersuchten Zeitsegmente zwischen 1783 und 1850 ein „uneinverständliches“ Scheidungsverfahren vor dem Wiener Zivilmagistrat führten. Uns interessierte insbesondere: Wohnorte vor und während der Ehe, Zivilstand und Alter von Braut und Bräutigam bei der Heirat, Berufe vor und während der Ehe, Altersdifferenz der Ehepartner*innen und Dauer der Ehe beim ersten Scheidungsverfahren.

Dr. Andrea Griesebner ist ao. Univ. Prof. am Institut für Geschichte, derzeit Institutsvorständin, sie leitete beide FWF-Forschungsprojekte und das Projekt der Stadt Wien.

Dr. Susanne Hehenberger gehörte zum Kernteam beider FWF-Projekte und zum Team des Projekts der Stadt Wien, MMag. Birgit Dober und Isabella Planer MA zum Kernteam des zweiten FWF-Projekts, Isabella Planer zudem auch zum Team des Projekts der Stadt Wien. Zu den Biografien siehe „Team“ am Webportal Ehen vor Gericht 2.0.

Ö1 „… bis dass der Tod euch scheidet“

Beitrag in der Ö1-Sendereihe Religion – Logos

15.9.2018, 19.05 bis 19.30

Hier ein Jahr lang zum Nachhören.

„… bis dass der Tod euch scheidet“. Der Staat, die Kirchen und ihr Eherecht

Gestaltung: Markus Veinfurter

Österreichischer Verfassungsgerichtshof entscheidet für Öffnung von Ehe- und Partner*innenschaftsgesetz

Laut dem gestrigen Urteil des österreichischen Verfassungsgerichtshofes (VfGH) darf die Ehe nicht mehr nur für heterosexuelle Paare und die eingetragene Partner*nnenschaft nicht nur für homosexuelle Paare zugänglich sein. Ab spätestens 2019 sollen die Wortfolgen „verschiedenen Geschlechts“ im § 44 ABGB (Ehegesetz) und „gleichgeschlechtlicher Paare“ (§ 1) sowie „gleichen Geschlechts“ (§ 2) im Partner*innenschaftsgesetz (EPG) aufgehoben werden. Damit können zwei Personen jeglichen Geschlechts einander heiraten oder sich verpartnern, solange die anderen gesetzlichen Bestimmungen erfüllt sind. Diese Änderungen könnten in Zukunft auch einigen inter*- und einigen trans*Personen zugute kommen.

Die Presse berichtet über die Änderungen: „Ehe für Homosexuelle kommt 2019“, diePresse.com, 05.12.2017.

Genauere Details werden im Standard erläutert: „Fragen und Antworten zur Ehe für alle in Österreich“, derstandard.at, 05.12.2017.

Zur Begründung der Entscheidung schreibt der VfGH folgendes:

"In dem Erkenntnis heißt es dazu wörtlich: 'Die damit verursachte diskriminierende Wirkung zeigt sich darin, dass durch die unterschiedliche Bezeichnung des Familienstandes (‚verheiratet‘ versus ‚in eingetragener Partnerschaft lebend‘) Personen in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft auch in Zusammenhängen, in denen die sexuelle Orientierung keinerlei Rolle spielt und spielen darf, diese offen legen müssen und, insbesondere auch vor dem historischen Hintergrund, Gefahr laufen, diskriminiert zu werden.'
Der Gerichtshof kommt daher zu folgendem Schluss: 'Die gesetzliche Trennung verschiedengeschlechtlicher und gleichgeschlechtlicher Beziehungen in zwei unterschiedliche Rechtsinstitute verstößt damit gegen das Verbot des Gleichheitsgrundsatzes, Menschen auf Grund personaler Merkmale wie hier der sexuellen Orientierung zu diskriminieren.'"

weiterlesen:
"Unterscheidung zwischen Ehe und eingetragener Partnerschaft verletzt Diskriminierungsverbot", vfgh.gv.at, 5.12.2017.

Rechtliche Anerkennung intergeschlechtlicher Personen und mögliche Auswirkungen auf das Eherecht

Am 10. Oktober 2017 hat das deutsche Bundesverfassungsgericht beschlossen, dass es die Möglichkeit eines dritten Geschlechts geben muss. Hierzu berichtet der Kurier und erwähnt auch möglicherweise notwendige Änderungen des deutschen Eherechts.
kurier.at, „Weiblich, männlich oder „divers“: Drittes Geschlecht in Deutschland“, 08.11.2017.

Inwiefern dies Auswirkungen auf das Eherecht und diverse andere Rechtsbereiche haben kann, in denen Geschlecht festgeschrieben ist, erörtert Petra Follmar-Otto in einem Interview mit Carolin Henkenberens:
Berliner Zeitung, „Menschenrecht Was ändert sich mit dem Beschluss zum dritten Geschlecht?“, 16.11.2017.

Auch in Österreich kämpfen insbesondere Selbstvertretungsverbände wie VIMÖ für rechtliche Verankerung eines dritten Geschlechts. Die Auswirkungen einer binärgeschlechtlichen Rechtsauffassung auf intergeschlechtliche Personen wurde auch bei einer Diskussionsrunde des Klagsverbandes sichtbar:
Klagsverband, „Die rechtliche Gleichstellung von intergeschlechtlichen Personen“, 23. Juni 2016.

Eheöffnung: Überlegungen zur Änderung des ABGB von 1811

Im Sinne einer Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare prüfen die Höchstrichter*innen des  Verfassungsgerichtshofs derzeit die Möglichkeiten einer Änderung des § 44 im ABGB von 1811, der die Ehe als einen Vertrag zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts festlegt.

derstandard.at berichtet darüber:

 
„In der Herbstsession haben die Höchstrichter am 12. Oktober daher beschlossen, den seit 1811 im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch enthaltenen Passus amtswegig zu prüfen, laut dem "zwey Personen verschiedenen Geschlechts" einen Ehevertrag eingehen. (...)
Gleichzeitig wollen sie das seit 2009 nur für homosexuelle Paare geltende Eingetragene-Partnerschafts-Gesetz (EPG) unter die Lupe nehmen. Seit dessen Einführung sei es rechtlich schrittweise zu einer "weitgehenden Angleichung von Ehe und eingetragener Partnerschaft gekommen", sodass nunmehr Vergleichbares – hetero- und homosexuelle Paarbeziehungen – ungleich geregelt sei.“

Weiterlesen:
Verfassungsgericht prüft Öffnung der Ehe für Homosexuelle, In: derstandard.at, 18.10.2017.

Workshop: Soziale Positionierungen

Wir freuen uns,  zu unserem Workshop  einzuladen.

Soziale Positionierungen
Workshop des FWF-Projekts „Marriage Litigations from the 16th to the 19th Century. Regional and Social Differentiation.“
21. Oktober 2017, ab 9.30 Uhr
Seminarraum 1 (1. Stock)
Universität Wien (1010 Wien, Universitätsring 1)

Helene Klaar im Standard-Interview

Die Anwältin Helene Klaar spricht im Standardt-Interview über Wahrheit vor Gericht, Schuld und Strategien bei Scheidungsverfahren.

Scheidungsanwältin Klaar: ‚Am frechsten gelogen wird beim Geld‘“ In: derstandard.at, vom 05.06.2017.

"Das Gericht generiert eine eigene Wahrheit, indem Aussagen vom Richter protokolliert werden. Das Protokoll macht vollen Beweis über das, was gesagt wurde. Wenn sich die Person nicht so gut ausdrücken kann oder missverstanden wurde und man sich gegen die unrichtige Protokollierung nicht ausspricht, dann pickt das. Im Urteil trifft der Richter Feststellungen. Wenn diese in der Instanz nicht bemängelt werden, dann ist das die neue Wahrheit – egal, was wirklich war. Das ist für viele sehr schwer, sich damit abzufinden. "

Weiterlesen...

ORF Panorama zeigt Reportagen der 1960er und 1970er Jahre über Sexualität, Ehe und Scheidung

Die ORF-Sendung ‚Panorama‘ zeigte am vergangenen Sonntag einige ORF-Reportagen aus den Jahren 1967-1976 zu Themen rund um Ehe. Die Berichte und Interviews zeigen Einblicke in Auffassungen zu vorehelicher Sexualität, Ehe und Scheidung  in der Zeit um die umfassenden Eherechtsreformen in den 1970er Jahren in Österreich.

ORF Panorama: „Verliebt, verlobt, verheiratet„, gesendet am 07.05.2017,  13:05 Uhr.

Aktuelle Eheschließungs- und Scheidungszahlen der Statistik Austria

Im April 2017 veröffentlichte die Statistik Austria neueste Daten zu Ehescheidungen und Eheschließungen. Der Falter interviewte dazu Konrad Pesendorfer, einen der GeneraldirektorInnen der Statistik Austria, und illustrierte es durch einige Grafiken.

Hier finden Sie den Artikel im Falter vom 26.04.2017 als .pdf:
„Wann heiraten die Österreicher [sic!] am liebsten und wie lange dauert es bis zur Scheidung?“

Weitere Informationen finden Sie auf der Website der Statistik Austria zu den Themen Eheschließungen und Ehescheidungen sowie zu Eingetragenen Partner*innenschaften.

20 Jahre Gewaltschutzgesetz in Österreich

Am 1. Mai 1997 trat das Gewaltschutzgesetz in Kraft.  Das Gesetz war ein großer Erfolg im Opferschutz und ein Meilenstein in der Gewaltprävention. Es ermöglicht, dass Opfer von häuslicher Gewalt in der vertrauten Umgebung bleiben können und die gewalttätige Person die gemeinsame Wohnung verlassen muss.

der Standard berichtet darüber:
20 Jahre Gewaltschutzgesetz: Kinderschutz soll ausgeweitet werden„, In: derstandard.at, vom 27.4.2017.

Der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) verfasste einen Artikel zum Thema:

 "20 Jahre Gewaltschutzgesetze – ein klares politisches Bekenntnis gegen Gewalt in der Familie und eine frauenpolitische Errungenschaft", In: ots.at, vom 2.5.2017.

"Das neue Gewaltschutzgesetz ist das Resultat einer langen, unermüdlichen und engen Zusammenarbeit der Frauenhausmitarbeiterinnen mit den Gewaltschutzzentren, den Interventionsstellen, der Polizei, Politik und Justiz. Mitte der 1980er Jahre haben die Frauenhäuser begonnen mit der Polizei zu kooperieren und gemeinsame Schulungen und Fortbildungen abzuhalten...
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Ö1-Sendung zu Wirkungen und Nebenwirkungen der Reformation

Beitrag in der Ö1-Sendereihe Praxis – Religion und Gesellschaft

Hier ein Jahr lang zum Nachhören.

"Wenn der Hang einmal zu rutschen beginnt - dann ist nicht mehr absehbar, was die Lawine mit in die Tiefe reißen wird - oder auch nicht...

Gestaltung: Markus Veinfurter und Martin Gross

Heute beschäftigen wir uns in der Sendung „Praxis“ schwerpunktmäßig mit zwei unterschiedlichen Aspekten der Reformation - zuerst mit den „Nebenwirkungen“: von der Sprache über das Eheverständnis bis hin zum Bildungswesen. Martin Luther hat auch jenseits des kirchlichen und theologischen Bereichs bewusst oder unbewusst Entwicklungen in Gang gesetzt, die das Leben in Europa bis heute prägen."

Der EGMR zur Frage: Ist Scheidung ein Menschenrecht?

Anfang Januar 2017 urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) über den Fall eines Mannes, der sich nach polnischem Eherecht nicht von seiner Ehefrau scheiden durfte, da er als der Schuldige am Scheitern der Ehe erkannt wurde und seine Gattin einer Scheidung nicht zugestimmt hatte. Der Mann scheiterte mit seiner Klage nun auch vor dem EGMR: Laut diesem gäbe es kein Recht auf Scheidung und das polnische Gerichtsurteil würde somit das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nicht verletzen.

Die Frankfruter Allgemeine Zeitung berichtet darüber:
„Pole scheitert mit Scheidungswunsch vor dem Menschenrechtsgericht“, In: FAZ.net, 10.01.2017.

Hier finden sie noch einen juristischen Kommentar vom European Centre for Law and Justice (auf Englisch):
„ECHR: No right to divorce“, In: eclj.org, 11.01.2017.

Wagner’sche Zeitschrift digitalisiert und online

Josef Pauser hat via VÖBBLOG die Angaben und Links zur Zeitschrift für österreichische Rechtsgelehrsamkeit und politische Gesetzkunde (1825-1845), die unter dem Namen Österreichische Zeitschrift für Rechts- und Staatswissenschaft (1846-1849) fortgeführt wurde, aktualisiert:

Die so genannte „Wagner’sche Zeitschrift“, benannt nach ihrem Begründer und Herausgeber Vincenz August Wagner (1790-1833), war die bedeutendste österreichische juristische Zeitschrift des Vormärz. Sie liegt nun über das DFG-geförderte Kooperationsprojekt „Juristische Zeitschriften 1703-1830“ des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte und der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz digitalisiert vor:

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Workshop: Soziale und ökonomische Logiken

Wir freuen uns, Sie zu unserem Workshop Anfang September einzuladen.


Soziale und ökonomische Logiken
Workshop des FWF-Projekts „Ehe­pro­zesse zwi­schen dem 16. und 19. Jahr­hun­dert. Regio­nale und soziale Ver­or­tung“
3. September 2016, ab 9.00 Uhr
Seminarraum 1 (1. Stock)
Universität Wien (1010 Wien, Universitätsring 1)

„Bedenke, wenn wir geschieden …“

Eine über die gewöhnliche Aktenüberlieferung hinausgehende Dokumentation findet sich in einem Scheidungsverfahren aus dem Jahr 1867/68. Parallel zum Scheidungsprozess führte das junge, erst seit einem halben Jahr verheiratete Ehepaar einen intensiven Briefverkehr. Die Briefe wurden als Beweismittel eingebracht und liegen den Prozessakten bei. Vor allem der Ehemann war an einer Aussöhnung interessiert und reflektierte in einem seiner Briefe über das Leben nach einer möglichen Scheidung von Tisch und Bett:

Bedenke, wenn wir geschieden, sind wir alle zwei für dieses Leben tot, heirathen dürfen wir nicht mehr und so in der wilden Ehe zu leben ist grausam [...]

„Suppe kalt, Herz leer – Der Kampf der Geschlechter“

Heute um 21 Uhr auf Ö1 im Hörspiel-Studio:

"Suppe kalt, Herz leer - Der Kampf der Geschlechter" von Michael Stauffer. In diesem Hörspiel dreht sich alles um Trennungen - bevorstehende, gedachte oder gewesene Trennungen, über Nebenbeziehungen, über Kinderwunsch und Kinderrealität (WDR 2014).

In diesem Hörspiel kommen vier Frauen und vier Männer zu Wort und bieten sich einen wechselseitigen Monolog. Es wird gekämpft Auge in Auge. Und nicht selten Auge UM Auge. Der Kampf der Geschlechter geht tagtäglich in neue Runden. Denn, wie schon Loriot unwiderlegbar formulierte: "Männer und Frauen passen einfach nicht zueinander."

Vier Frauen reden über Männer - abgeklärt, wütend, sehnsüchtig, bissig, polemisch und eloquent. Und vier Männer antworten darauf - erstaunt, befremdet, ausweichend, wortkarg oder wortreich. Ein wechselseitiger Monolog der Unverstandenen.

Als Parallelgeschichte wird über Biber doziert. Die sind nämlich treu und monogam, und leben ein Leben lang glücklich in ein- und demselben Familienverband. …

Mit Toni Bieber, Stefanie Fauwallner, Leopold Gottsauer, Dionysia Karydis, Nikolaus Novak u.a. Regie: Michael Stauffer. Prod. WDR 2014.

Von „zeitweiligen“ und „lebenslänglichen“ Scheidungen

Die Scheidung von Tisch und Bett wird für so lange bewilligt, bis die Klägerin/der Kläger ohne Gefahr für ihr/sein zeitliches und ewiges Heil die ehliche Gemeinschaft mit ihrem Gatten/seiner Gattin erneuern kann.

Diese Formulierung entstammt einem Scheidungsurteil, wie es in den 1860er-Jahren in zahlreichen Fällen vom Wiener fürsterzbischöflichen Ehegericht ausgesprochen wurde. Darin gewährte das Ehegericht den Eheleuten eine zeitlich befristete Scheidung von Tisch und Bett und machte die Dauer der Trennung davon abhängig, wie lange eine Gefahr für das dies- und jenseitige „Heil“ der klagenden Partei besteht. Von wem diese Gefahr ausging, darüber gibt der Auszug aus dem Urteil keine Auskunft. In den allermeisten Fällen ging die Gefahr vom Ehemann, seiner Gewaltbereitschaft und/oder seiner Alkohol- bzw. Spielsucht aus.

Während Scheidungen von Tisch und Bett zwischen 1783 und 1856 – als in Wien und Teilen der Habsburger Monarchie staatliche Gerichte für Ehestreitigkeiten zuständig waren – stets unbefristet ausgesprochen bzw. bewilligt wurden, erlaubte das fürsterbischöfliche Ehegericht in den 1860er-Jahren zumeist nur „zeitweilige“ Scheidungen von Tisch und Bett und setzte auf eine mögliche Versöhnung und damit Wiedervereinigung der Eheleute. Nur in wenigen Fällen (meist aufgrund eines bewiesenen oder eingestandenen Ehebruchs) gewährten die Räte eine „lebenslängliche Scheidung von Tisch und Bett“. Mit dieser restriktiven Urteilspraxis schlossen die Räte an die Rechtsprechung der Kirchengerichte vor 1783 an.

Scheidungszahlen in Wien zwischen 1857 und 1865

Karl Dworzak verfasste 1867 einen Erfahrungsbericht über seine langjährige Tätigkeit als Rat des fürsterzbischöflichen Ehegerichts in Wien. Von besonderem Interesse sind dabei seine statistischen Angaben zu den Wiener Scheidungszahlen. In den ersten acht Jahren der Zuständigkeit des kirchlichen Ehegerichts zählt Dworzak 2.100 Scheidungsklagen. Interessant ist, dass er in der Ausdifferenzierung der Urteile keine Unterteilung zwischen lebenslänglichen und befristeten Scheidungen vornimmt:

Vom 1. Jänner 1857 bis gegen das Ende des Jahres 1865 wurden über 2.100 Klagen auf Scheidung von Tisch und Bett bei dem f[ürst]e[rzbischöflichen] Ehegericht eingebracht.

Davon wurden bei 1.760 durch Haupturtheil, 230 durch Aussöhnung der Gegner, 122 durch Abweisung ohne Untersuchung, 5 durch Ableben Eines der Gegner während der Verhandlung erledigt.

Aus den durch Urtheil erledigten Scheidungssachen wurden im Durchschnitte bei je hundert Urtheilen 66 Scheidungsgesuche bewilligt, 34 abgewiesen.

Von 100 bewilligten Scheidungen wurden 58 aus alleinigem Verschulden des Gatten, 24 aus alleinigem Verschulden der Gattin, 18 aus beiderseitigem Verschulden bewilligt.

Als Scheidungsgründe erscheinen bei hundert bewilligten Scheidungen siebzehnmal der Gatte, neunmal die Gattin des Ehebruches schuldig; in achtundsechzig Fällen erscheint Mißhandlung oder gefährliche Bedrohung, in zweiundsiebzig empfindliche Kränkungen, in sechs Fällen böswillige Verlassung, in dreizehn Fällen ansteckende Krankheiten, in neun Fällen Kerkerstrafe, in sechzehn Fällen Verschwendung, in etwa dreihundert Urtheilen einmal Verführung zu Lastern als Scheidungsgründe; selbstverständlich erscheinen in den meisten Urtheilen mehrere Scheidungsgründe nebeneinander; in einem einzigen Falle war ein von einem Ehemanne an seiner Gattin mit Erfolg gemachter und mit mehrjährigem Kerker bestrafter Vergiftungsversuch die Ursache der Scheidung.
Erwähnenswert scheint noch, daß aus hundert Ehepaaren, welche wegen Scheidung vor dem Ehegerichte standen, 35 bis 40 Perzent in kinderloser Ehe lebten.
Auf 100 Urtheile entfallen 28 Appellationen; aus 100 appellirten Urtheilen wurden 8 in den höheren Instanzen aufgehoben oder theilweise abgeändert.

Karl Dworzak: Aus den Erfahrungen eines Untersuchungs-Richters in Ehestreitsachen, Wien 1867, S. 166f.

Nota bene

In den Scheidungsakten des fürsterzbischöflichen Ehegerichts Wien aus dem Jahr 1867 taucht die Abkürzung „N.B.“ (= Nota bene) wieder auf, die ich in den Gerichtsquellen des Wiener Magistratsichen Zivilgerichts zwischen 1783 und 1850 vermisst habe. Vermisst deshalb, da die zumeist an den linken Rand einer Seite geschriebenen Bemerkungen einen (oft einzigartigen) Einblick in die Wahrnehmung oder das Geschehen abseits des eigentlichen Verwaltungsakts geben.

Karl Dworzak, der für das Ehescheidungsverfahren zwischen August und Anna Dirnböck zuständige Referent des Kirchengerichts, fügte seinem im Dezember 1867 verfassten Gutachten beispielsweise folgende Bemerkung bei. Darin kommt seine persönliche Einschätzung der beklagten Ehefrau klar zum Ausdruck:

N.B. Beklagte vollkommene Comödiantin, Declamatorin [= Redekünstlerin]

Aus Fehlern lernt man ja bekanntlich…

Im Dezember 1809 ließen sich Johann und Rosa Kroy einverständlich von Tisch und Bett scheiden. Beide waren noch recht jung: Johann Kroy war zum Zeitpunkt der Trennung 35 Jahre alt und Ingrossist bei der k. k. Hofkriegsbuchhaltung. Rosa Kroy, geborene Haan, war neun Jahre jünger. Beide lebten in der Josefstadt. Aus der Ehe war eine Tochter hervorgegangen.

Laut dem zwischen beiden Eheleuten vereinbarten Scheidungsvertrag versprachen sich „beide Theile nach vorgenommener Trennung von Tisch und Bett, niemandem die die gegenwärtige Ehescheidung veranlassenden Gründe mitzutheillen und einander bei allen Gelegenheiten mit wechselseitiger Achtung zu behandeln“.

Was die Scheidungsfolgen anbelangt, kann davon ausgegangen werden, dass sich die Ehefrau in einer starken Position befand, da der ihr zugesprochene Unterhalt den üblicherweise der Ehefrau zustehenden Anteil an den Einkünften des Ehemannes überstieg. Rosa Kroy wurde nämlich nicht – wie üblich – nur ein Drittel zugesprochen, sie hatte einen Anspruch auf zwei Fünftel der Einkünfte ihres geschiedenen Ehemanns zuzüglich der Alimentationszahlung für die Tochter.

Konkret verdiente Johann Kroy als Beamter 700 Gulden pro Jahr. Aus Kapitalgeschäften bezog er zusätzlich jährlich 750 Gulden an Zinsen. Er entschloss sich, so lautete die Regelung im Scheidungsvertrag, seiner geschiedenen Ehefrau einen Unterhalt von jährlich 800 Gulden zu zahlen. 600 Gulden waren für Rosa Kroy vorgesehen, die restlichen 200 Gulden für die Verpflegung und Erziehung der Tochter. Rosa Kroy musste die Wohnung räumen. Für den Fall, dass Johann Kroy in Zukunft geringere Einkünfte beziehen sollte, sollte der Unterhalt im selben Verhältnis reduziert werden. Sollte sein Verdienst ansteigen, stand Rosa Kroy neben den versprochenen 800 Gulden ein Viertel der Besoldungserhöhung zu.

Nach der Scheidung von Tisch und Bett heiratete Johann Kroy 1825 erneut. Er war in der Zwischenzeit beruflich aufgestiegen: Im Heiratsvertrag vom September 1825 wird er als k. k. Rechnungsrat  bezeichnet. Verglichen mit den Bezügen vor 16 Jahren, bezog er nun auch beinahe die doppelte Besoldung. Rosa Kroy war vermutlich verstorben. Die Recherche nach ihrem Sterbedatum blieb bislang erfolglos.

Wohl um sich im Fall eines erneuten unglücklichen Verlaufs der Ehe Verhandlungen über einen etwaigen Unterhalt und dessen Höhe zu ersparen, traf Johann Kroy im Vorfeld der zweiten Eheschließung diesbezügliche Vorkehrungen. Für den Fall einer Scheidung von Tisch und Bett sollte seine zweite Ehefrau sich mit einem weitaus geringeren Unterhalt zufriedengeben. Laut Heiratsvertrag sollte ihr nach einer Scheidung lediglich ein Sechstel der Einkünfte Johann Kroys zustehen. Die Passage im Heiratsvertrag lautete wie folgt:

Erkläret die Braut, daß, wenn während des Ehestandes sich Fälle ereignen sollten, welche eine Ehescheidung herbeiführen, sie sich mit einem Sechstel des dermahligen Gehaltes des Bräutigames, welcher in 1.200 Gulden bestehet, begnügen wolle, und daß, wenn dieser Gehalt in der Folge durch irgendeinen Zufall vermindert werden sollte, sie sich auch mit einem Sechstel des verminderten Gehaltes zufriedenstellen, endlich wenn der Bräutigam in der Zukunft pensionnirt werden sollte, sie sich auch mit einem Sechstel der Pension behelfen wolle.

WStLA 1.2.3.2.A10 179/1841

Dass in Heiratsverträgen katholischer Brautpaare unterhaltsbezogene oder vermögensrechtliche Vorkehrungen für den Fall einer Scheidung getroffen wurden, war bislang unbekannt. Aus Eheverträgen jüdischer Brautpaare kennt die Historiografie solche vorkehrenden Maßnahmen sehr wohl. Wie an Johann Kroy und seinen zwei Ehen zu sehen ist, lernt man ja bekanntlich aus Fehlern …

300 Jahre vor dem Ehegericht

derStandard.at berichtete in seinem Schwerpunkt ‚Geschlechterverhältnisse‘ über unser Forschungsprojekt
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300 Jahre vor dem Ehegericht
ALOIS PUMHÖSEL
Konfliktfelder, Handlungsoptionen: Ein FWF-Forschungsprojekt recherchierte Gerichtsverfahren von 2.100 Ehepaaren seit dem 18. Jahrhundert
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Rückblick auf den Launch des Webportals und die Heftpräsentation

Vor einer Woche haben wir den Launch des Webportals sowie die Erscheinung des 26. Jahrgangs der Frühneuzeit-Info zum Thema „streitpaar – Verfahren in Ehesachen“ gebührend gefeiert. Ein kurzer Rückblick mit Bildern…

 

Andrea Griesebner und Georg Tschannett eröffneten die Veranstaltung mit einen paar Worten über die Ziele und ersten Ergebnisse des vom Wissenschaftsfonds zwischen 2011 und 2015 finanzierten Forschungsprojekts. Ganz besonders gefreut haben wir uns über die Zusage der renommierten österreichischen Scheidungsanwältin Helene Klaar, als Gastrednerin aufzutreten. Sie berichtete in ihren Ausführungen von ihrer langjährigen Erfahrung als Anwältin und Feministin.

Musikalisch begleiteten Susanna Ridler und Sophie Hassfurther die Veranstaltung. Dabei griffen Sie unter anderem einen Eheratgeber aus dem Jahr 1805 auf.

Einladung zur Heftpräsentation und zum Launch des Webportals “Ehen vor Gericht”

Vor kurzem ist die aktuelle Ausgabe der Frühneuzeit-Info zum Thema streitpaar – Verfahren in Ehesachen erschienen. Am 10. Dezember 2015 findet die Präsentation des Hefts sowie des Webportals des vom österreichischen Wissenschaftsfonds geförderten Forschungsprojekts Ehen vor Gericht statt. Details zum Programm finden Sie hier.

Webportal „Ehen vor Gericht“

Die Vorbereitungen für das neue Webportal laufen auf Hochtouren. Die neue Webseite wird die rechtlichen Rahmenbedingungen ebenso wie die überlieferten Quellen und die Vorgangsweise bei der Quellenerhebung skizzieren. In die Webseite eingebunden wurde darüber hinaus eine Onlinedatenbank, in der sich Informationen zu über 2.100 Ehepaaren aus dem Zeitraum zwischen der Mitte des 16. und der Mitte des 19. Jahrhunderts befinden. Wie bisher, wird das Webportal auch einen Blog umfassen, der regelmäßig aktuelle Informationen und Ankündigungen veröffentlichen wird.

Frühneuzeit-Info 26/2015

Der thematische Schwerpunkt der aktuellen Ausgabe versammelt die Beiträge der im September 2014 in Wien abgehaltenen Abschlusstagung des genannten Forschungsprojekts. Der zeitliche Rahmen des Heftes reicht vom Spätmittelalter bis ins ausgehende 19. Jahrhundert. Die Zusammenschau der einzelnen Beiträge ermöglicht den Vergleich kirchlicher und weltlicher Eheverfahren sowie das In-Bezug-Setzen der Gerichtspraxis unterschiedlicher Regionen bzw. Rechtsgebiete und Konfessionen. Einen Schwerpunkt bilden die vielfältigen, oft komplex ineinander verstrickten Eheverfahren und die von den Streitparteien (bzw. deren Anwälten) vorgebrachten Konfliktfelder. Der obrigkeitliche Umgang mit „eigenmächtigen Trennungen“ und „bigamen“ Ehen sowie die Regelung der Scheidungsfolgen bilden einen weiteren Schwerpunkt des Heftes. Thematisiert werden darüber hinaus auch Verfahren, in welchen der Status von Eheverlöbnissen zur Diskussion stand.

Die Beiträge verdeutlichen, dass neben soziokulturellen Kategorien wie Geschlecht, Alter, sozialer Stand und dem Besitz von ökonomischem und sozialem Kapital vor allem auch das jeweils gültige Ehegüter-, Erb- und Obsorgerecht erheblichen Einfluss darauf hatte, ob eine Scheidung bzw. Trennung von Tisch und Bett eine lebbare Option darstellte. Methodisch verbindet die einzelnen Beiträge zudem die Herangehensweise, Mikro- und Makrobene nicht als Gegensätze zu betrachten. Sichtbar werden so Kontinuitäten und Diskontinuitäten des kanonischen und weltlichen Eherechts ebenso wie Feinheiten in den Argumentationsstrategien der Streitparteien.

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Frühneuzeit-Info 2015 | Themenschwerpunkt Ehekonflikte | Vorschau 6/6

streitpaar – Verfahren in Ehesachen
Frühneuzeit-Info 26 (2015)
Erscheinungsdatum: November 2015
Bestellungen werden gerne entgegengenommen: Bestellschein

Der sechste und letzte Teil der Vorschau stellt die Beiträge von Katrin Gäde und Ulrike Bohse-Jaspersen vor:

Umstrittenes Eherecht
Handlungsstrategien und Aushandlungsprozesse in Ehescheidungsverfahren
adliger Paare vom 18. bis zum 19. Jahrhundert
Katrin Gäde
(in German language)

Scandals, affairs and conflicts at noble courts have given rise to gossip ever since. Furthermore they were events of great interest for the public. At the same time divorce and legal separation were no uncommon phenomenons among the nobility in the modern era. Against that background the present article examines separations and divorces of aristocratic couples from the 17th to the 19th century in Central Germany. This involves both - on a judical level - the manifestation of the Protestant matrimonial law and on an actor-centred level – the people concerned, their strategies for action and related to that, the construction of social practice.
By the example of interchurch-couples and their path through several bureaucratic procedures and lengthy negotiations about the further course of action and judicial responsibilities an attempt is made to visualize this aforementioned construction process. The appraisal of negotiations about jurisdictions in matrimonial matters allows the conclusion that individual rights and scopes of action were in need to be negotiated primarily in case of clashing legal standards and conceptions. In studying failed aristocratic marriages it is not only possible to get a deeper insight into gender relations but also to visualize actions and scopes of action as well as conflict settlement of the aristocratic world in modern Europe.
Martina Vilvado y Balverde gegen Antonio Yta
Eine Klage auf Eheannullierung in Sucre aus 1803:
Männlichkeitsentwürfe im spätkolonialen Bolivien
Ulrike Bohse-Jaspersen
(in German language)

This paper describes a marriage annulment proceeding in the town of La Plata, today Sucre, constitutional capital of present-day Bolivia, in 1803. 22-year-old Doña Martina Vilvado y Balverde proceeds a claim before the Court of Appeal of La Plata, setting out that her husband, 32-year-old Spaniard Don Antonio Yta was in fact a woman who deceived her in order to marry and live as her husband with the blessing of the church. The article examines the argumentative strategies of the spouses, the members of the tribunal and other parties to the proceedings.
The case is part of a compilation of marriage proceedings and other court sources, which are analyzed in the context of a dissertation in terms of concepts of masculinity in late colonial Bolivia (Provincia de Charcas) from 1750 to 1825. After an introduction to the historical context and an explanation of the legal framework, the course of the proceedings is described in chronological order until the end of the trial. The paper shows in which way the powers of the secular and ecclesiastical jurisdiction overlap. Given the complexity of the facts both jurisdictions try to avoid clear statements, although it can be demonstrated that there were different legal possibilities to reach a verdict.  The argumentation tries to make clear that the scientific approach to the case must consider the diversity in gender so it needs more than an analysis of socially constructed gender and the historical-cultural aspects.

Frühneuzeit-Info 2015 | Themenschwerpunkt Ehekonflikte | Vorschau 5/6

streitpaar – Verfahren in Ehesachen
Frühneuzeit-Info 26 (2015)
Erscheinungsdatum: November 2015
Bestellungen werden gerne entgegengenommen: Bestellschein

Teil 5 der Vorschau gibt einen Einblick in die Beiträge von Georg Tschannett und Zuzana Pavelkova Čevelová:

Unterhaltsstreitigkeiten und deren Regelungen vor dem Wiener Scheidungsgericht
im ausgehenden 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Georg Tschannett
(in German language)

In October 1848 Heinrich Georg Bayer initiated a matrimonial suit against his affluent wife, in order to claim maintenance from her. This case constitutes a rather unusual action in the Viennese divorce court from the end of the 18th to the mid-19th century, in its attempts to reverse the gender-specific allotment of conjugal duties and rights in general, and the statutory maintenance obligation of the husband in particular. The article will consider the relationship between spousal duties and rights and marital gender relations. In this context, marriage will be interpreted as a legal institution as well as a social relationship. The piece also aims to examine the practices of the Viennese divorce court in relation to maintenance proceedings, addressing the arguments that spouses used to win or to defend an action for maintenance. Perhaps most significantly, it will analyse in detail the negotiating positions that husbands and wives adopted in divorce settlements, and upon which they relied to secure the terms of their divorce.
Ehestreitigkeiten vor dem erzbischöflichen Gericht in Prag in den 1860er-Jahren
Zuzana Pavelkova Čevelová
(in German language)

The paper deals with marriage conflicts in the long 19th century in Bohemia. The first part concerns with the development of contemporary Czech historiography. The second part specifies an arrangement of archiepiscopal sources in Prague which are deposited in the National archive in Prague. The third part of the paper reconstructs the history of a married couple named Houška, who in 1857 fought for annulment of marriage in court. The reason that was put forward by the husband was health problems of his wife. Marriage had been neither nullified nor divorced. The micro historical approach gives an interesting illustration of social life in 19th century, contact of country and the city, expansion of medical science into common people life and the continuing power of the Catholic Church. The aim of the paper is to explain everyday live marriage in 19th century in the Bohemia countryside.

Frühneuzeit-Info 2015 | Themenschwerpunkt Ehekonflikte | Vorschau 4/6

streitpaar – Verfahren in Ehesachen
Frühneuzeit-Info 26 (2015)
Erscheinungsdatum: November 2015
Bestellungen werden gerne entgegengenommen: Bestellschein

In Teil 4 der Vorschau werden der Beitrag von Claire Chatelain und eine Koproduktion von Margareth Lanzinger, Ellinor Forster, Janine Maegraith, Siglinde Clementi und Christian Hagen vorgestellt:

Ein adeliges Beamtenpaar vor Gericht
Der Einsatz von Kapitalsorten im Eheverfahren zur Trennung von Tisch und Bett am Ende der Regierungszeit von Ludwig XIV. 
Claire Chatelain
(in German language)

This paper presents a case study, focused on a trial of separation from bed and goods which occurred between a great magistrate and his wife (who came from a financial officer’s family), at the end of the Louis XIV reign. An exceptional documentation (based on summations and other sources, as notarial acts or courts sentences) allowed giving a micro analysis of this historical trial, led in front of the most important court of justice of the French kingdom, theParlement de Paris, which was a secular one. What were the economic grounds of this marital separation? How the procedural followings which lasted five years were shaped? What were the consequences on the couple and their children? This research is interested in the French Old Régime mechanisms of judicial ways to break on kinship relationships especially those in the siblings. It leads to a comparative history in this field.
Konfliktpotenzial und Streitgegenstände im Kontext ehelicher Vermögensregime
Margareth Lanzinger/Ellinor Forster/Janine Maegraith/
Siglinde Clementi/Christian Hagen
(in German language)

In early modern times, property and wealth constituted an area with considerable potential for conflict. The initial thesis of this paper is that the causes of discord and dispute depended decisively on the respective marital property and inheritance systems. Because this could give rise to competing interests in different constellations and situations: between siblings, in-laws, parents, step-parents, other relatives or guardians, and not least within marital context. One setting potentially prone to conflict was the end of a marriage. Previously, implications and consequences of widowhood and divorce or legal separation of bed and board were regarded separately. However, the aim of this paper is to bring post-marital property arrangements and stipulations regarding widowhood together with findings on marital conflicts and separations. The question is to what extent property related subjects of dispute differed depending on whether a marriage terminated because of the death of either husband or wife, or because of divorce or legal separation. Property brought in by brides, questions of livelihood, and post-marital presence in the husband’s family home have all proven to be relevant aspects in both contexts. The study is situated in late medieval and early modern rural and urban areas of southern Tirol and is based on cases from the court books (“Verfachbücher”) and charters for several communities, noble family archives, as well as the consistorial records in the Diocesan archive in Brixen.

Frühneuzeit-Info 2015 | Themenschwerpunkt Ehekonflikte | Vorschau 3/6

streitpaar – Verfahren in Ehesachen
Frühneuzeit-Info 26 (2015)
Erscheinungsdatum: November 2015
Bestellungen werden gerne entgegengenommen: Bestellschein

Teil 3 der Vorschau präsentiert die Beiträge von Andrea Griesebner und Susanne Hehenberger:

Ausweg und Sackgasse zugleich
Eheverfahren vor katholischen Konsistorien von der Mitte
des 16. bis ins ausgehende 18. Jahrhundert
Andrea Griesebner
(in German language)

Following a brief explanation of canon law the first section provides an outline of the sources for marriage litigations in the archduchy Austria below the Enns. It will highlight the possibilities and limitations the protocols of the consistories offer. The second section provides insights into the variety of marriage litigations made possible at early modern ecclesiastical courts, as well as quantitative trends. Based on a case study the third section provides deepened insight into the various contexts motivating women and men to sue their spouse. Between 1765 and 1781 Magdalena Pürckin and Peter Pürck conducted 13 proceedings, some initiated by the wife, some by the husband. The analytical focus is directed to the particular interest of the plaintiff and the defendant respectively as well as their discursive strategies to get a verdict in his or her own favor. The summary argues that the catholic marriage politics generates the various proceedings the ecclesiastical courts are dealing with. Nevertheless the persistence Peter Pürck in suing his wife for cohabitation and Magdalena Pürckin’s resistance is exceptional.
The article is based on long standing research on churchly marriage jurisdiction in the archduchy Austria below the Enns, financed by the Austria Research Fund and backed by the University of Vienna between October 2011 and October 2015.
Das fehlende fleischliche Band
Sexuelles Unvermögen als Scheidungsargument vor dem Passauer und
Wiener Konsistorium (1560–1783) 
Susanne Hehenberger
(in German language)

Many Catholic spouses filed for divorce or separation by bed and board in the early modern period. Only a few of them argued that their inability to execute the marital duty was the main cause. In this article, I focus on a small sample of 51 couples who used the argument of male or female impotence in the course of marriage litigations in the consistories in Vienna. After exploring the meaning of impotence and divortium in these sources, the article analyses the different interests of claimants (e.g. escape from an unhappy union or the desire for a new marriage) as well as the response of defendants to these allegations (denial, confession, counter-claim or negotiation). As canon law allowed the annulment of marriages only in cases of premarital, enduring and incurable impotence, consistories had to search for clear evidence before they rendered judgement. The appellate court – the nunciature in Vienna –then had to confirm the annulment before it would become effective. In theory, the evidence of one spouse confirmed by an oath cum septima manu (testimony of seven reliable men or women) would suffice as proof. In early modern practice, either the litigant or the consistory often demanded additional medical evidence, which was regularly provided by the medical faculty of the university in Vienna. In cases of female impotence, however, midwives were consulted. Even if evidence seemed clear and the carnal bond was missing, it became increasingly difficult to enforce a divortium quoad vinculum from the sixteenth to the eighteenth century. This situation was exacerbated after Pope Benedict XIV created the position of defensor matrimonii in November 1741, a figure who acted ex officio to protect marriage in the first instance.

„kreuz und quer“ über die katholische Kirche und ihre Wiederverheirateten

Am Dienstagabend (20. Okt.2015, 22:35 Uhr) beschäftigte sich „kreuz und quer“ mit Scheidungen bzw. der unauflöslichen Ehe.

kreuz und quer 
Scheitern nicht vorgesehen - Die katholische Kirche und ihre Wiederverheirateten 

Dieser Tage beraten Bischöfe aus aller Welt bei der Bischofssynode in Rom über Ehe und Familie. Ein zentraler Punkt dabei: Wie soll die Kirche mit Geschiedenen Wiederverheirateten umgehen?
Wer sich nämlich scheiden lässt und mit einem neuen Partner zusammen sein möchte, hat in der römisch-katholischen Kirche einen schweren Stand. Die sakramental geschlossene Ehe gilt als unauflöslich, denn "was Gott verbunden hat, das soll der Mensch nicht trennen". Die Ehe zwischen Mann und Frau gilt solange als geschlossen, bis dass der Tod die Ehepartner scheidet - alles andere gilt als Ehebruch und somit als eine schwere Sünde. Jene, die als "Geschiedene Wiederverheiratete" bezeichnet werden, sind zwar immer noch Mitglieder der Kirche, jedoch offiziell von den Sakramenten - insbesondere von der Eucharistie- ausgeschlossen. Dabei handelt es sich nicht um eine kirchliche Strafe, sondern um eine theologische Konsequenz aus dem offensichtlichen "Verharren in schwerer Sünde". Diese Regelung ist seit langem ein großer Streitpunkt und ein Problem für viele Seelsorgerinnen, TheologInnen, Priester, Bischöfe und auch Kardinäle. Ideal und Wirklichkeit nämlich driften oft auseinander.

Weiterlesen..

Sakrament oder „Ehe light“? Debatten im Vorfeld der „Bischofssynode“

Johanna Grillmayer fasst auf religion.orf.at Debatten und Auseinandersetzungen zur Unauflösbarkeit der katholischen Ehe zusammen.

Ehe und Scheidung: Vom Umgang mit dem Scheitern

„Das Sakrament der Ehe ist unauflöslich“: Dieser Satz ist vielen Wortmeldungen aus der römisch-katholische Kirche und speziell der derzeit stattfindende Bischofssynode vorangestellt. Aber warum ist das so, und muss es so bleiben?

Derzeit ist es Katholiken, die nach einer Scheidung eine neue Ehe eingehen, nicht erlaubt, die Sakramente der Kommunion und der Buße zu empfangen. Nach Auffassung der Kirche leben sie im permanenten Zustand der Sünde, denn eine kirchlich geschlossene Ehe ist aus deren Sicht unauflöslich. Die katholische Lehre zum Thema Ehe stehe nicht zur Debatte und sei mit der Familiensynode nicht infrage gestellt worden, sagte auch Papst Franziskus neulich zu Beginn der Weltbischofssynode zu den Themen Familie und Ehe. mehr...

Frühneuzeit-Info 2015 | Themenschwerpunkt Ehekonflikte | Vorschau 2/6

streitpaar – Verfahren in Ehesachen
Frühneuzeit-Info 26 (2015)
Erscheinungsdatum: November 2015
Bestellungen werden gerne entgegengenommen: Bestellschein

Teil 2 der Vorschau stellt die Beiträge von Johann Weißensteiner und Iris Fleßenkämper vor:

Böswilliges Verlassen und „tolerierte“ Partnerschaften im katholischen Bereich
Die Entscheidungspraxis des Passauer Offizialates in Wien von 1558 bis 1592
Johann Weißensteiner
(in German language)

In examining the records of marriage litigation at the consistory of the diocese of Passau in Vienna (established in the 14th century for the parts of the diocese Passau situated in the archduchy of Lower Austria) for the period 1558–1592 the author made the observation, that there was a lot of cases, in which abandoned spouses, whose mates had disappeared without their knowledge and consent, and lived since some years together with a new partner, asked for permission to remarry. Although they got not the license for a second marriage, their new partnership was tolerated. Such couples usually got a certificate by the consistory about this toleration and were also permitted to receive the eucharist in the churches. This practice, which was also common in the dioceses of Freising and Regensburg and in other parts of Europe, lasted till 1579. On 12 October of this year two prominent Jesuit fathers forced the consistory of the diocese of Passau in Vienna to stop this practice. The decision can be seen as an act of “social disciplining” by which the Catholics enforced their particular rules for all aspects of life and so also in the field of family life. Indeed the appointment of the later cardinal and bishop of Vienna Melchior Klesl as official of the diocese of Passau in Vienna was the startup of the Counter Reformation in the Habsburg countries. Thus since 1580 catholic spouses, who were separated from their former mates, did no more get a license to live in a new partnership unless they could proof the natural death of their former husband or wife. At the same time in protestant villages in Lower Austria some landlords in similar cases divorced the first marriage and permitted the abandoned part to remarry.
Wann ist mein Mann mein Mann?
Zur Gültigkeit von Eheschließungen in der protestantischen
Grafschaft Lippe im 17. Jahrhundert
Iris Fleßenkämper
(in German language)

The legal and social conceptions of marriage profoundly changed within the course of the German Reformation. In denying the sacramentality of marriage, Luther and his followers re-interpreted marriage, family, and sexuality as genuinely worldly affairs and attached them to the realm of the earthly kingdom. The Lutheran reforms of marriage resulted from the need to overcome fundamental contradictions of Canon law with regard to the legitimacy of clandestine marriage formations. In this paper I will ask for the influence Protestant marriage reforms had on the culture of norms and jurisdiction in the Protestant County of Lippe, Germany, and I will explore the roles and functions of the clergy in implementing these reforms. Various marriage-related cases brought before the local consistory court show that the new regulations concerning marriage formation were neither thoroughly enforced by court nor observed by the subjects. Following the legal practice of former episcopal marriage courts, the consistory of Lippe still adhered to principles and concepts of common law that had already been prevalent in medieval times.

Pressebeitrag zum Start unseres Folgeprojekts

Das vom österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) von Oktober 2015 bis September 2017 geförderte Projekt Eheprozesse zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert: Regionale und soziale Verortung baut auf den Ergebnissen des auf dieser Webseite präsentierten Forschungsprojekts auf. Als Ziel haben wir uns gesetzt, regional und sozial differenzierte Erkenntnisse über Ehekonflikte und Handlungsoptionen zerstrittener Ehepaare zu gewinnen.

Die Presse berichtet in einem Artikel über den Projektstart:
Trennungen von Tisch und Bett, in: Die Presse, 9.10.2015

Frühneuzeit-Info 2015 | Themenschwerpunkt Ehekonflikte | Vorschau 1/6

streitpaar – Verfahren in Ehesachen
Frühneuzeit-Info 26 (2015)
Erscheinungsdatum: November 2015

Die diesjährige Ausgabe der Frühneuzeit-Info widmet sich dem Themenschwerpunkt Ehekonflikte und richtet den Fokus auf die vielfältigen, oft komplex ineinander verstrickten Gerichtsverfahren vor kirchlichen und weltlichen Ehegerichten sowie die darin von den Streitparteien (respektive deren Anwälten) vorgebrachten Konfliktfelder. Der obrigkeitliche Umgang mit „eigenmächtigen Trennungen“ und bigamen Verbindungen sowie die Frage nach den Trennungs- bzw. Scheidungsfolgen bilden weitere Schwerpunkte des Heftes.

Die Zeitschrift wird in wenigen Wochen erscheinen. Bis dahin wollen wir interessierten Lesern und Leserinnen wöchentlich zwei der insgesamt zwölf Beiträge vorstellen. Den Anfang machen Bronach Kane und Duane Henderson mit je einem Beitrag zum Spätmittelalter:

Courtship, Childbearing & Gender in Late Medieval England
Bronach Kane
(in English language)

Existing studies of premarital pregnancy in late medieval English society have focused on manorial fines imposed on sex and childbearing before marriage, as well as the Church’s attempts to channel sexual activity into the bonds of matrimony. This article uses extensive litigation from the church courts to argue that, while childbearing mattered little under formal canon law, pregnancy and parenthood were integral to narratives of courtship and marriage in practice. For female plaintiffs in particular, discourses of stability, cohabiting, and love underpinned legal arguments to enforce marriage contracts. Male parties could, in turn, exploit cultural perceptions to depict sexual relationships as temporary and based solely on desire. Despite these gendered patterns, young women could appropriate and reconfigure cultural models that were hostile to female sexuality in order to advance claims of marriage. Ultimately, this article argues that the discursive agency exercised by female plaintiffs and deponents suggests that gendered models were more flexible in social practice where courtship and childbearing were concerned.
Der unglückliche Bund
Zur Praxis der gerichtlichen Ehetrennung vor dem
Freisinger Offizialat im Spätmittelalter
Duane Henderson
(in German language)

The paper investigates the practice of marriage separations “from bed and board” (a mensa et thoro) at the bishop’s court of Freising at the end of the fifteenth century. Beginning with a brief summary of the position of late-medieval canon law and legal opinion defining the grounds for a separation “from bed and board” and regulating its modalities, the study points out the extent of regional and individual variations in the application of these rules as has been revealed by recent research. On this evidence it becomes apparent that the medieval practice of marriage separation must primarily be studied at the local jurisdictional level, such as is documented in the records of the consistorial court of Freising (1424/1462-1524). Drawing from this both detailed and comprehensive source material, the paper presents the case study of a prolonged marital conflict which was pursued in a series of legal suits from 1476 to 1481. In its various phases, this court battle addresses the major legal and social questions involved in late-medieval marital separation cases in Freising and reveals the problems and advantages of a legal settlement.

Bestellungen über das Institut für die Erforschung der Frühen Neuzeit: Bestellschein

Scheidung auf katholisch? Die Ehe-Annullierung

Beitrag in der Ö1-Sendereihe Praxis – Religion und Gesellschaft

Es gilt als eines der "heißen Eisen" in der römisch-katholischen Kirche: Der Ausschluss von wiederverheirateten Geschiedenen von den kirchlichen Sakramenten. Als einziger Ausweg bleibt hier für manche die Annullierung ihrer ersten Ehe. Papst Franziskus hat - kurz vor der vatikanischen Synode zu Themen der Familie und der Sexualmoral - das Procedere für Ehe-Annullierungen vereinfacht. Was bedeutet das nun konkret? Und wem ist so eine Annullierung überhaupt ein Anliegen? - Gestaltung: Maria Harmer

„Reden wir über Liebe!“ Die Scheidungsanwältin Helene Klaar im DATUM-Interview

Helene Klaar spricht mit Sibylle Hamann über „archaische Formulierungen“ im ABGB, über Liebe (oder doch eher über Sex), über die Rechte und Pflichten von Eheleuten, über die Ehe als Vertrag sowie über ihre langjährige Erfahrung als Scheidungsanwältin. Zum Interview

Zu spät. Helene Klaar verschwindet hinter den Büchertürmen und zieht mit zielsicherem Griff ein Buch heraus, das an mehreren Stellen mit gelben Post-its markiert ist. Auf Anhieb schlägt sie die Seite auf, die sie sucht.

Ich muss Ihnen das vorlesen, diese wunderbaren archaischen Formulierungen. Das ist überhaupt einer meiner Lieblingsparagrafen, der Paragraf 44. »Die Familienverhältnisse werden durch den Ehevertrag gegründet. In dem Ehevertrage erklären zwei Personen verschiedenen Geschlechtes gesetzmäßig ihren Willen, in unzertrennlicher Gemeinschaft zu leben, Kinder zu zeugen und zu erziehen und sich gegenseitig Beistand zu leisten.« Das ist der Kern.

aus: Reden wir über Liebe!, in: DATUM Seiten der Zeit 9/2015, 1.9.2015.

Neuregelung des Kirchenrechts bei Nichtigkeitsverfahren

Wie religion.orf.at gestern berichtete, vereinfacht die katholische Kirche Ehenichtigkeitsverfahren. Die Reform der Nichtigkeitsverfahren, die seit dem 18. Jahrhundert keiner Änderung unterworfen waren, setzt nicht bei den möglichen Annullierungsgründen, sondern beim Verfahrensablauf an. Interessant sind auch die im Artikel veröffentlichten Zahlen weltweiter Annullierungen.

Zum Nachhören: Ö1-Dimensionen „Bevor der Tod sie scheidet“

Welche Möglichkeiten, sich von seinem ungeliebten Ehepartner bzw. seiner ungeliebten Ehepartnerin zu scheiden, hatten christliche Ehepaare in der Frühen Neuzeit? Welche Argumente brachten die Eheleute bzw. deren Anwälte vor und inwieweit wurden diese von den Kirchengerichten als Scheidungsgrund anerkannt? Welchen Ausgang nahm etwa die Scheidungsklage, die Regina Hoferin 1782 beim Wiener Konsistorium gegen ihren Mann eingebracht hatte?
Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigten sich die Ö1-Dimensionen vom 28. Oktober 2014. Im Mittelpunkt der von Lukas Wieselberg gestalteten Sendung stehen eine Geschichte der Ehescheidung von der Reformation bis zur Aufklärung und erste Ergebnisse unseres Forschungsprojekts sowie der in Wien abgehaltenen, internationalen Tagung „Kein Bund für’s Leben? Eheleute vor kirchlichen und weltlichen Gerichten“.

 

Bevor der Tod sie scheidet. Ehetrennungen im Mittelalter und der Neuzeit.

Gestaltung: Lukas Wieselberg

Körperliche Gewalt, Ehebruch, Impotenz. Aber auch nicht vorhandene oder “falsche” Gefühle. Und immer wieder wirtschaftliche Fragen und Streit um Unterhalt und Kinder. Das sind nicht nur wichtige Gründe für Scheidungen in der Gegenwart. Sie spielten schon im Mittelalter und in der frühen Neuzeit eine wichtige Rolle.

In einem bisher einzigartigen Forschungsprojekt haben Historikerinnen tausende Akten aus dem 16. bis 19. Jahrhundert untersucht, die von Eheverfahren in Niederösterreich und Wien stammen. Auch wenn Katholik/innen die Scheidung verboten war, konnten sie sich doch “von Tisch und Bett trennen”. Notwendig dafür war ein Verfahren vor einem kirchlichen und – ab 1783 – weltlichen Gericht. Deren Dokumente zeigen nicht nur erstaunliche Parallelen in die Gegenwart. Sie liefern auch Einsicht in das Leben einfacher Handwerker und Taglöhner/innen, die üblicherweise nicht im Fokus der Geschichtswissenschaft stehen.

Science.orf.at-Beitrag über Eheannullierungen und das Argument ‚Impotenz‘

Ein Grund, um Ehen zu annullieren

Katholische Ehen können bis heute kirchlich nicht geschieden werden. Möglich ist hingegen eine Annullierung der Ehe – aus bestimmten Gründen. Einer davon ist Impotenz. Diese Unfähigkeit, „die Ehe zu vollziehen“, legitimierte bereits im Kirchenrecht des Mittelalters eine Annullierung – Impotenz zu beweisen, war aber nicht immer ganz leicht.

Das zeigt die Auswertung von Gerichtsprotokollen, die Susanne Hehenberger, Historikerin und Provenienzforscherin am Kunsthistorischen Museum Wien (KHM), gemacht hat.

Kommt nur selten vor

Hehenberger arbeitet in einem vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekt mit, das gerichtliche Ehetrennungs- und Annullierungsverfahren vom 16. bis 19. Jahrhundert untersucht. Und zwar in Wien und Niederösterreich, dem damaligen „Erzherzogtum unter der Enns“, einem Stammland des Habsburgerreichs. mehr…

Ö1 Dimensionen „Bevor der Tod sie scheidet“

Morgen Abend (28. Oktober) um 19:05 Uhr befasst sich Ö1 in den Dimensionen mit unserem Forschungsprojekt und der internationalen Tagung, die im September in Wien stattfand:

Bevor der Tod sie scheidet. Ehetrennungen im Mittelalter und der Neuzeit. Gestaltung: Lukas Wieselberg

Körperliche Gewalt, Ehebruch, Impotenz. Aber auch nicht vorhandene oder "falsche" Gefühle. Und immer wieder wirtschaftliche Fragen und Streit um Unterhalt und Kinder. Das sind nicht nur wichtige Gründe für Scheidungen in der Gegenwart. Sie spielten schon im Mittelalter und in der frühen Neuzeit eine wichtige Rolle.

In einem bisher einzigartigen Forschungsprojekt haben Historikerinnen tausende Akten aus dem 16. bis 19. Jahrhundert untersucht, die von Eheverfahren in Niederösterreich und Wien stammen. Auch wenn Katholik/innen die Scheidung verboten war, konnten sie sich doch "von Tisch und Bett trennen". Notwendig dafür war ein Verfahren vor einem kirchlichen und - ab 1783 - weltlichen Gericht. Deren Dokumente zeigen nicht nur erstaunliche Parallelen in die Gegenwart. Sie liefern auch Einsicht in das Leben einfacher Handwerker und Taglöhner/innen, die üblicherweise nicht im Fokus der Geschichtswissenschaft stehen.

Frühneuzeit-Info 25 (2014)

Die aktuelle Nummer der Frühneuzeit-Info befasst sich mit „Kunstsammlungen in Österreich“. In der offenen Sektion findet sich ein interessanter Beitrag über „Normen und Praktiken der Eheschließung in der frühneuzeitlichen Grafschaft Lippe“ von Iris Fleßenkämper.
Hier das Inhaltsverzeichnis inkl. den englischsprachigen Abstracts…

Kein Bund für’s Leben? – Tagungsprogramm

Kein Bund fürs Leben?
Eheleute vor kirchlichen und weltlichen Gerichten

Workshop zur Ehegerichtsbarkeit vom Mittelalter bis in die Neuzeit
10. bis 11. September 2014
Seminarraum Geschichte 2 (2. Stock, Stiege 9)
Universität Wien (Universitätsring 1, 1010 Wien)

Als einen (vorläufigen) Schlusspunkt unseres Forschungsprojekts veranstalten wir im September einen internationalen Workshop zur Ehegerichtsbarkeit vom Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit. Gemeinsam mit internationalen Forscherinnen und Forschern wollen wir Ideen, Konzepte, Begriffe, Probleme und (Zwischen-)Ergebnisse diskutieren. Neben dem Austausch auf theoretisch-methodischer Ebene bzw. auf einer konkreten empirischen Basis soll das In-Beziehung-Setzen von Studien zur Ehegerichtsbarkeit unterschiedlicher Regionen und Zeiten im Mittelpunkt des Workshops stehen.
Interessierte sind herzlich willkommen!

Familienrichter fordern Scheidung ohne Verschulden

Das heutige Morgenjournal auf Ö1 sendete einen Beitrag von Katja Arthofer:

Das Verschuldensprinzip bei Scheidungen soll abgeschafft werden - das fordern die Familienrichter. Denn schuld am Scheitern einer Ehe seien in den allermeisten Fällen beide, diese Sicht habe sich in anderen Ländern längst durchgesetzt, nur nicht in Österreich, so die Familienrichter. Sie fordern einen kompletten Umbau des Scheidungsrechts - mit weitreichenden Konsequenzen für Unterhalt und Pensionsansprüche.

Workshop an der VHS-Urania

Am Freitag, den 16. Mai 2014 veranstalten Andrea Griesebner und Georg Tschannett einen Workshop an der VHS Urania. Der Workshop trägt den Titel „Ehekonflikte im 18. und frühen 19. Jahrhundert: Einblicke in eine Geschichtswerkstatt“ und findet von 17 bis 20 Uhr statt.

CFP: Kein Bund fürs Leben? Eheleute vor kirchlichen und weltlichen Gerichten

CFP: Kein Bund fürs Leben? Eheleute vor kirchlichen und weltlichen Gerichten
Workshop zur Ehegerichtsbarkeit vom Mittelalter bis in die Neuzeit
Wien, 10. bis 11. September 2014

Einsendeschluss: 15. Mai 2014

Als einen (vorläufigen) Schlusspunkt des Forschungsprojekts veranstalten wir im September einen Workshop, zu dem wir Forscherinnen und Forscher einladen, um Ideen, Konzepte, Begriffe, Probleme und (Zwischen-)Ergebnisse zu diskutieren. Neben dem Austausch auf theoretisch-methodischer Ebene bzw. auf einer konkreten empirischen Basis soll das In-Beziehung-Setzen von Studien zur Ehegerichtsbarkeit unterschiedlicher Regionen und Zeiten im Mittelpunkt des Workshops stehen.

Willkommen sind Vortragsvorschläge geplanter, laufender oder abgeschlossener Forschungen, die sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen von Eheauflösungen, der ehegerichtlichen Praxis, Konfliktfeldern wie physischer Gewalt, Emotionen, Ökonomie, Sexualität, dem Zusammenleben, verbaler Gewalt und Ehre, Konfession und Religion befassen. Neben den vielfältigen Auseinandersetzungen zwischen den Eheleuten erscheinen uns insbesondere folgende Themenfelder und Fragestellungen als relevant:

  • das Prozessrecht, das neben dem kanonischen und weltlichen Eherecht die Handlungsoptionen der Ehefrauen und Ehemänner maßgeblich beeinflusste
  • das regional und zeitlich unterschiedliche Ehegüter- und Erbrecht als (neben Konfession und Religion der Eheleute) wesentlicher Einflussfaktor auf den Verlauf und Ausgang der Gerichtsverfahren
  • die Regelungen und Vereinbarungen in Hinblick auf die Scheidungs- bzw. Trennungsfolgen (Unterhaltszahlungen, Vermögensaufteilung, Kinderfürsorge etc.)
  • die Bedeutung außergerichtlicher Schlichtungs- und Vergleichsinstrumente sowie -institutionen
  • die Frage, warum in bestimmten Fällen um eine Annullierung der Ehe, in anderen um die Trennung von Tisch und Bett angesucht wurde
  • die Frage nach Zufluchtsorten vor der Gewalt des Ehemanns oder der Ehefrau
  • der Umgang des Gerichts mit und die Präsenz von Kindern

Senden Sie Ihren Vortragsvorschlag bitte in Form eines ein- bis zweiseitigen Abstracts (3.000–4.000 Zeichen) bis zum 15. Mai 2014 per E-Mail an andrea.griesebner@univie.ac.at und georg.tschannett@univie.ac.at.

PS: Wir weisen darauf hin, dass in der Regel keine Reise- und Aufenthaltskosten übernommen werden können.

Journal-Panorama zur gemeinsamen Obsorge

Das heutige Journal-Panorama befasste sich mit der gemeinsamen Obsorge. Susanne Krischke präsentierte fünf unterschiedliche Perspektiven auf das neue Modell.

Getrennt und doch gemeinsam: Gemeinsame Obsorge auf dem Prüfstand
Gestaltung: Susanne Krischke

17.000 Ehen wurden allein im vergangenen Jahr geschieden, betroffen waren mehr als 19.000 Kinder. Damit beide Elternteile auch nach der gescheiterten Ehe Teil des Lebens ihrer Kinder bleiben, gibt es die gemeinsame Obsorge: Seit 1. Februar ist sie der Regelfall nach Scheidungen. Väter, die mit der Mutter ihres Kindes nicht verheiratet waren, haben ebenfalls die Möglichkeit, auch gegen den Willen der Mutter die gemeinsame Obsorge zu beantragen.
Nicht immer steht die gut gemeinte Theorie mit der Praxis in Einklang. Was für die einen selbstverständlich ist, ist für die anderen nicht realisierbar, zeigen die ersten Erfahrungen. Wirkt die gemeinsame Obsorge in konfliktreichen Scheidungen eskalierend oder deeskalierend? Wir beleuchten das Modell aus fünf Blickwinkeln.

Oktofokus: White Ribbon Day 2013

Okto brachte am 16. November einen Oktofokus zu Gewalt gegen Frauen. Die Beiträge werden am So., 8. Dezember (23:35 Uhr) wiederholt.

Jede fünfte in einer Beziehung lebende Frau wird hierzulande Opfer von Gewalt. Anlässlich des White Ribbon Day 2013 bittet Oktofokus zu einer Filmnacht gegen Gewalt an Frauen. Im Zentrum von "Gewalt in der Ehe" (R: Ilse Gassinger, Gerda Lampalzer & Anna Steininger, A 1984) stehen die Erfahrungen dreier BewohnerInnen des zweiten Wiener Frauenhauses. "Eine verschlagene Welt" (R: Anna Steininger, A 1990) thematisiert wiederum den öffentlichen Umgang mit Gewalttätigkeit gegenüber Frauen. In ihrer Reihe "Schrittweise. Wege aus der Gewalt" (A 2011-2012) zeigen schließlich die Autonomen Österreichischen Frauenhäuser, wie Betroffenen geholfen werden kann.

Journal-Panorama zu Gewalt gegen Frauen

Das von Mathilde Schwabeneder gestaltete gestrige (26.11.) Journal-Panorama befasste sich mit Gewalt gegen Frauen in Italien:

Gefährliches Land für Frauen: Gewaltwelle in Italien

2012 starb in Italien alle drei Tage eine Frau durch die Hand eines Mannes, der ihr nahe stand. Ehemänner, Liebhaber oder Verflossene wurden zu Mördern. Und auch 2013 sind allein bis Oktober schon mehr als 120 Frauen oft auf bestialische Art ermordet worden. Ganz Italien diskutiert daher über Gewalt gegen Frauen, deren Ursachen und ihre mögliche Bekämpfung. Überall ist die Rede vom Femminicidio - vom Mord an den Frauen.

Fernsehen, Radio und Zeitungen sind voll von spektakulären Fällen. Frauenverbände wollen mit Sensibilisierungskampagnen aufrütteln und gegensteuern. Aber der Weg ist noch weit - und das Land der Latin Lovers ist ob der blutigen Realität schwer verunsichert.

Wahlkampf 1918/19

Im Wahlkampf 1918/19 wandten sich die Parteien an die erstmals wahlberechtigte weibliche Wählerschaft. Die christlichsoziale Partei warb mit folgendem Plakat für das Festhalten an der Unauflösbarkeit der Ehe und damit gegen die Ehereform:

http://www.onb.ac.at/ariadne/projekte/frauen_waehlet/Maedchen08.html
http://www.onb.ac.at/ariadne/projekte/frauen_waehlet/Maedchen08.html
Christlich=deutsche Frauen und Mädchen! Lasset nicht durch Verfechter der Ehereform Eure hehre, leuchtende Stellung als Gattin, Hausfrau und Mutter gegen ein unsicheres, dunkles Los vertauschen. Lasset die katholische Ehe nicht zu einem lösbaren Vertrage heruntersinken, der Euch nur Sorge und Elend brächte. Stellet Euch an die Seite von Millionen katholischer Frauen und Mädchen, die in einer Massenpetition an die Nationalversammlung die Unauflöslichkeit der katholischen Ehe in flammender Begeisterung forderten, wählet nur die Bekämpfer der Ehereform, das sind die christlichsozialen Wahlwerber!

Vergeben und Vergessen

Dem bzw. der betrogenen EhepartnerIn stand das Recht, eine Scheidung zu verlangen, nicht zu, wenn dieser bzw. diese dem Ehebrecher bzw. der Ehebrecherin die „zugefügte Beleidigung ausdrücklich und gänzlich verziehen“ habe, so der Jurist Thomas Dolliner.

Um zu beweisen, dass sie ihrem Ehemann den Seitensprung mit einer anderen Frau nicht vergeben und vergessen hatte, schwor Katharina Popp im Jahr 1810 folgenden Eid vor dem Scheidungsgericht, dem Magistrat der Stadt Wien:

Ich Katharina Popp schwöre zu Gott dem Allmächtigen einen reinen, körperlichen, und unverfälschten Eyd ohne einige Gemüthshinterhaltung oder zweydeutigen Verstand, das ist, das ich nicht anders rede, als ich denke, und nicht anders denke, als ich rede, sondern wie ich es mir einstens vor dem strengen und allwissenden Richterstuhl Gottes zu verantworten getraue dahin:

Daß ich bey dem Stiftgericht Schotten im März 1808 nach der gefänglichen Einziehung der Juliana Reisinger nebst gänzlichen Vergeben und Vergessen des Vergehens des Geklagten mit dieser Reisinger mich nicht geäussert habe, wieder mit dem Geklagten leben zu wollen. So wahr mir Gott helfe.

Katharina Popp

Zeitschriftenartikel zu Ehestreitigkeiten um 1783 erschienen

Der Kodifizierung neuen Rechts im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert widmet sich das aktuelle Heft der Zeitschrift Geschichte und Region/Storia e regione. Wie die Herausgeberinnen im Editorial vermerken, ist der „Fokus der Fragen […] darauf gerichtet, in welcher Relation das neue zum alten Recht stand, welche politischen und gesellschaftlichen Veränderungen es intendierte und sowohl in der Administrierung als auch in der Nutzung mit sich brachte, für wen es von Vorteile bzw. von Nachteil war, welche Hürden und Grenzen sich in der Umsetzung – wiederum mit welchen Folgen auftun konnten.“

Insgesamt sechs Beiträge befassen sich mit diesem Fragenkomplex, darunter auch der von Andrea Griesebner und mir gestaltete Artikel über Ehestreitigkeiten vor dem Wiener Erzbischöflichen Konsistorium und dem Magistrat der Stadt Wien.

Aus dem Editorial:

Neues RechtIn den 1780er Jahren traten mit dem Ehepatent von 1783, dem Erbfolgepatent und schließlich dem ersten Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch von 1786 (später Josephinisches Gesetzbuch) die ersten Ergebnisse des österreichischen Kodifizierungsprozesses des „bürgerlichen Rechts“ in Kraft. Das Ehepatent regelte die Zuständigkeiten zwischen weltlicher und kirchlicher Macht hinsichtlich der Ehegerichtsbarkeit völlig neu. Was diese neuen Kompetenzen für die betroffenen Eheleute bedeuteten, analysieren Andrea Griesebner und Georg Tschannett anhand eines Vergleichs von Ehescheidungsprozessen, die bis 1783 vor dem Wiener Erzbischöflichen Konsistorium und nach Inkrafttreten des Ehepatents vor dem Wiener Magistrat ausgehandelt wurden. Das Ehepatent stellte zwar nicht das Dogma der Unauflösbarkeit des Ehebandes in Frage und ermöglichte daher für katholische Eheleute nach wie vor nur eine Scheidung von Tisch und Bett. Doch hatten die Ideen der Aufklärung insofern Eingang in den Gesetzestext gefunden, als eine Scheidung zunächst nur noch möglich war, wenn sich die Eheleute einverständlich darauf einigten und das Urteil über einen ausreichenden Scheidungsgrund daher nicht dem Eherichter zukam. Diese Praxis ging allerdings an der Lebenswirklichkeit zerstrittener Ehepaare vorbei und stärkte die Position desjenigen Ehepartners, der sich gegen eine Scheidung stellte – in den meisten Fällen handelte es sich dabei um den Ehemann.

Journal-Panorama über Scharia-Gerichte in Großbritannien

Die Bestrebungen, die Scharia – das islamische Recht – in Großbritannien anzuwenden, schilderte gestern das von Marion Bacher gestaltete Ö1 Journal-Panorama. Insbesondere im ersten Teil des Beitrags geht es um islamische Scheidungen vor Schariagerichten. Der Beitrag beschreibt den Kampf dagegen, dass familienrechtliche Angelegenheiten in privaten Schiedsgerichten abgehandelt werden dürfen, und fragt nach den geschlechtsspezifischen Implikationen einer „Paralleljustiz“ und den Gefahren für eine säkular Demokratie. Das Journal-Panorama kann auf 7 Tage Ö1 nachgehört werden.

Allahs Richter: Scharia-Gerichte in Großbritannien
Gestaltung: Marion Bacher

Das islamische Recht, die Scharia, ist schon längst in Europa angekommen. Besonders deutlich wird das in Großbritannien, das aufgrund seiner kolonialen Vergangenheit besonders viele Migranten aus muslimischen Ländern aufgenommen hat.

Bereits 1982 öffnete der erste Schariarat in London seine Pforten. Seither bestimmen er und dutzende weitere islamische Schiedsgerichte über finanzielle und familienrechtliche Angelegenheiten tausender britischer Muslime. Gegnerinnen und Gegner sehen darin eine Paralleljustiz, die Frauen diskriminiert.

Duellieren als Rache für Ehebruch und als Rettung der männlichen Ehre

Der Roman Effi Briest von Theodor Fontane und die Novelle Lieutenant Gustl von Arthur Schnitzler erschienen an der Wende zum 20. Jahrhundert. Beide thematisieren unter anderem den Ehrenkodex des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Während Baron von Innstetten – der Ehegatte der Protagonistin in Theodor Fontanes Roman – nach Bekanntwerden der Liebschaft seiner Ehefrau mit einem Offizier nicht zögert und den Liebhaber im  Duell tötet, hadert der junge Leutnant in Arthur Schnitzlers Novelle mit dem Suizidgedanken, da er vom ihn beleidigenden Bäckermeister am Duell gehindert wurde und so dem militärischen Ehrenkodex nicht entsprechen konnte.

Interessant in Hinblick auf das Duellieren ist die gesetzliche Lage. Wie mich eine Kollegin aufmerksam machte, greift Evelyne Polz-Heinzl im Nachwort der bei Reclam erschienenen Ausgabe des Lieutenant Gustl diese Frage auf. Mit Verweis auf das von William M. Johnston 1974 erschienene Buch Österreichische Kultur- und Geistesgeschichte hält sie fest, dass 1911 Duelle mit Ausnahme einiger triftiger Gründe verboten wurden. Zu diesen triftigen Gründen zählte der Ehebruch:

In den Jahren nach dem Erscheinen des Lieutenant Gustl sollte die Institution des Duells aber zusehends verfallen, und zwar genau aufgrund der Interferenzen mit justitiablen Tatbeständen. Hatte man Gesetzesverstöße duellierender Offiziere bislang nicht geahndet, hatte Kaiser Franz Joseph noch jeden Offizier, der einen Zivilisten getötet hatte, begnadigt, so verzeichneteten die ab 1902 gegründeten Ligen gegen das Duell stetige Erfolge. Ab 1911 waren Offiziere laut kaiserlichem Dekret nicht mehr verpflichtet, eine Duellaufforderung anzunehmen; mit einigen Ausnahmen, wozu etwa die Rache für Ehebruch gehörte, wurden Duelle verboten.

Arthur Schnitzler: Lieutenant Gustl, hg. von Konstanze Fliedl, 2011, Nachwort von Evelyne Polz-Heinzl, S. 94-95.

Stichwort: Zivilehe

Dass der Konflikt um die Einführung der obligatorischen Zivilehe in Österreich ein langer und ideologisch behafteter war und schlussendlich durch die Übernahme des nationalsozialistischen Eherechts im Jahr 1938 „gelöst“ oder besser beendet wurde, veranschaulicht Ulrike Harmat in ihrem Buch „Ehe auf Widerruf? Der Konflikt um das Eherecht in Österreich 1918-1938“.

Der Standard berichtet heute über den „Versuch einer zivilen Eheschließung“ im Libanon, der eine „heftige Debatte“ auslöste:

Alles begann mit Englisch-Stunden: Nidal Darwisch, Rezeptionist in einem Fitness-Studio wollte seine Fremdsprachenkenntnisse verbessern. Seine Lehrerin, Kholoud Sukkarieh, sollte auch bald seine große Liebe werden. Vor drei Monaten gaben sich die beiden schließlich das Ja-Wort. All das wäre eine ganz normale Liebesgeschichte, würden der Schiit Nidal Darwisch und die Sunnitin Kholoud Sukkarieh nicht im Libanon leben.
 Die Regierung in Beirut erkannte die Hochzeit nicht an, da sie nicht von einem offiziellen Vertreter einer der 18 im Libanon anerkannten Religionsgruppen registriert wurde. Der Fall löste eine heftige Debatte über zivile Eheschließungen im Libanon und wie sie die Balance des konfessionellen Proporzsystems ins Wanken bringen können, aus.
...

Stefan Binder: Libanon: Eine Hochzeit als Staatsaffäre, DerStandard.at, 06.02.2013.

Ulrike Harmat: Ehe auf Widerruf? Der Konflikt um das Eherecht in Österreich 1918-1938, Frankfurt am Main 1999.

Karin Neuwirth über die Familienrechtsnovelle

DieStandard interviewiete die Juristin und stellvertretende Vorsitzende des Instituts für Legal Gender Studies in Linz Karin Neuwirth über die Familienrechtsnovelle.

Informationen zum Familienrechtspaket und zu den Reaktionen dazu finden sich hier:
Einigung bei Familienrechtspaket | 10. Oktober 2012
Zum Familienrechtspaket
| 11. Oktober 2012

Karambolage über die Grenze zwischen zwei Staaten und das Ehefähigkeitszeugnis

Margarete Grandner und Ulrike Harmat haben sich in einem 2005 erschienen Artikel mit dem Wiederverehelichungsverbot für von Tisch und Bett geschiedene Katholiken und Katholikinnen beschäftigt. Anhand der 1893 geschlossenen SchauspielerInnen-Ehe Girardi-Odilon beschreiben die beiden Autorinnen Strategien der „Rechtsumgehung“ dieses Wiederverheiratungsverbots. Die Grenze zwischen Österreich und Ungarn führte in diesem Fall zu „grotesken rechtlichen Verwicklungen“.

Die Grenze zwischen Deutschland und Frankreich nahm die Arte Reihe Karambolage in ihrer am Sonntag ausgestrahlten Sendung zum Anlass, um die „behördlichen Verrenkungen“ aufzuzeigen, die eine Französin und ein Deutscher im Zuge ihrer geplanten Eheschließung vollführen müssen.

Artikel
Margarete Grandner/Ulrike Harmat: Begrenzt verliebt. Gesetzliche Ehehindernisse und die Grenze zwischen Österreich und Ungarn; in: Ingrid Bauer/Christa Hämmerle/Gabriella Hauch (Hg.): Liebe und Widerstand. Ambivalenzen historischer Geschlechterbeziehungen (L’Homme Schriften 10: Reihe zur Feministischen Geschichtswissenschaft) Wien/Köln/Weimar 2005, 287–304.

Der Karambolagebeitrag kann noch bis Sonntag, 27. Jänner 2013 auf ARTE+7 nachgesehen werden.

Scheidungsgrund: Ehebruch

Das ABGB von 1811 erkennt den Ehebruch als einen gesetzmäßigen Grund für eine Scheidung von Tisch und Bett an. Der oder die Beklagte musste jedoch von einem Gericht des Ehebruchs schuldig erklärt worden sein. Dass in solchen Gerichtsprozessen die Ausgangssitutation der Klägerin bzw. des Klägers keine einfache war, beschreibt Chrysostomus Fauller in seiner 1827 veröffentlichten vierbändigen Sammlung von Gesetzen, Verordnungen und Vorschriften  für die Polizeiverwaltung im Kaisertum Österreich:

Der Ehebruch kann, den Fall als eine verheirathete Person mit der Unzucht Gewerbe treibt, ausgenommen, nie von Amtswegen, sondern allein auf Verlangen des beleidigten Theiles in Untersuchung gezogen, und bestrafet werden. Selbst dieser ist zu einer solchen Forderung ferner nicht berechtiget, wenn er die ihm bekannt gewordene Beleidigung ausdrücklich verziehen, oder stillschweigend dadurch nachgesehen, daß er von der Zeit an, da ihm solche bekannt geworden, durch sechs Wochen darüber nicht Klage geführet hat. Auch die bereits erkannte Strafe erlischt, sobald der beleidigte Theil sich erkläret, mit dem Schuldigen wieder leben zu wollen. Doch hebt eine solche Erklärung die schon erkannte Strafe in Ansehung der Mitschuldigen nicht auf. (§. 248. 2. Thl. St. Ges. B.)
Fauller, Chrysostomus: Gesetze, Verordnungen und Vorschriften für die Polizei=Verwaltung im Kaiserthume Oesterreich. Erschienen in den Jahren 1740 bis Ende 1825, und in alphabetisch=chronologischer Ordnung zusammengestellt, mit vorzüglicher Rücksicht auf Nieder=Oesterreich, Bd. 1, Wien 1827,S. 316.

Frühneuzeit-Info 2012: The Use of Court Records and Petitions as Historical Sources

Die neue Ausgabe der Frühneuzeit-Info vereint Beiträge zur historischen Kriminalitätsforschung aus unterschiedlichen europäischen Ländern. Zum Inhaltsverzeichnis

Unser erster Workshop 2012

Letzten Samstag – etwas mehr als ein Jahr nach dem Startschuss des Forschungsprojekts – veranstalteten wir unseren ersten projektinternen Workshop. Im Fokus der Präsentationen und Auseinandersetzungen standen unter anderem die im ersten Jahr durchgeführten Quellenerhebungen und damit im Zusammenhang stehende Möglichkeiten und Herausforderungen der Quellenüberlieferung. Als gemeinsame Diskussionspunkte dienten uns zum einen die Frage der Vergleichbarkeit innerhalb des langen Untersuchungszeitraums und zum anderen die Frage nach dem Umgang mit den unterschiedlichen Gerichtsprozessen, Verfahrenstypen und Protokollierungen.

Gemeinsam mit unseren internationalen ProjektpartnerInnen sowie Margareth Lanzinger vom Historischen Seminar der Leibniz Universität Hannover führten wir anregende Diskussionen und erörterten alte und neue Wege, die das Projekt in Hinblick auf seine Forschungsperspektive und Forschungsfragen einschlagen kann.

Unser Dank gilt allen Beteiligten: den Vortragenden, den ProjektpartnerInnen, Margareth Lanzinger sowie dem IWM, in dessen Räumlichkeiten wir den Workshop abhalten durften.

Zum Familienrechtspaket

Reaktionen auf das Familienrechtspaket haben derStandard.at und diePresse.com zusammengefasst. Das Ö1-Morgenjournal fasste unterschiedliche Stimmen zu den Änderungen des Familienrechts zusammen. Im Mittelpunkt stand ein Interview mit Doris Täubel-Weinreich, der Vorsitzenden der Fachgruppe Familierecht der österreichischen Richtervereinigung.

Einigung bei Familienrechtspaket

Im Zentrum der Reformen des Familienrechts steht die gemeinsame Obsorge als Regelfall bei uneinvernehmlichen Scheidungen und bei Kindern unverheirateter Eltern. Mehr dazu auf oe1.orf.at:

Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) haben gemeinsam das Familienrechtspaket geschnürt. Damit ist der Weg für die gemeinsame Obsorge von Eltern jetzt frei – auch im Fall der Scheidung und im Fall von Kindern, deren Eltern unverheiratet sind. [weiter ...]

Wegweisung und Kirchenarrest anno 1665

Ehetrennungen verliefen selten reibungslos. Bei Nicht-Befolgung von Vorladungen, wenn eine Person flüchtig war oder gerichtliche Auflagen ignorierte, ersuchte das Konsistorium häufig um die Amtshilfe weltlicher Obrigkeiten. Seltener finden sich Belege, dass das Kirchengericht selbst zu Zwangsmaßnahmen griff.

Im Juni 1665 hielt es Ursula Grieblerin mit ihrem gewalttätigen Ehemann nicht mehr aus. Nachdem Lucas Griebler selbst zugegeben hatte, seine Frau immer wieder zu schlagen, gewährte das Wiener Konsistorialgericht eine zweijährige Trennung mit der Auflage, dass Lucas Griebler bey arrestierung seiner persohn sich der klägerin ihrer persohn und ihres zimmers und cohabitation gänzlich enthalten solle. Dies wollte er nicht akzeptieren, sondern protestierte direkt vor Gericht, er wöll geich in ihr zimmer heimbgehen. Das Konsistorium sah sich genötigt, Lucas Griebler wegen seines truzes vom Cursor in Arrest nehmen und ihn bei Wasser und Brot so lang eingesperrt zu lassen, bis er Besserung gelobe. Nach vier Tagen wurde er schließlich entlassen.

15. Juni 1665
Grieblerin Ursula contra maritum Lucasen Griebler.
Actrix enormem saevitiam und zeigt lividos oculos, wie ers erbärmlich tractirt, begehrt von ihm nichts, sondern nur ein toleranz.
Reus bekhendt sie also geschlagen zu haben, erzelt, wie er arrestirt gewesen, wehr sie nicht zu ihm khomen, hette nichts geschickht, sie seye ein böß weib.
Conclusum: Weil die üble tractation in confesso und auß allen umstendten khein besserung, sondern noch mehreres übl zu besorgen, ist ein toleranz auff zwey jahr verwilligt, entzwischen dem mann aufferelget, daß er bey arrestierung seiner persohn sich der klägerin ihrer persohn und ihres zimmers und cohabitation gänzlich enthalten solle.
Reus will in die toleranz kurzumb nit verwilligen, sondern erclärt sich außtruckhentlich, er thue es nicht, sondrn, ist also balden in arrest verschafft, und dem cursori aufferelegt worden, daß er ihm nichts anders, alß wasser und brodt volgen lassen solle, biß das er sich bessert.
Ist in arrest verblieben biß 19ten dits, an wellchem der arrestierte auf sein erbietten und anglieben, das er sie weder mit wortt noch werkhen nicht offendieren, auch nicht in ihr zümmer khumen wölle, erlassen worden, doch stehet ihm sein beschwähr, da er eine zu haben vermeint, bevohr.

“Wo zwei zusammen kommen in rechter Ehe“

Die Historikerin Margareth Lanzinger spricht diese Woche in “Betrifft: Geschichte“ über Heiratsverträge der Neuzeit.

"Wo zwei zusammen kommen in rechter Ehe". Heiratsverträge der Neuzeit im europäischen Vergleich. Mit: Margareth Lanzinger, Historisches Seminar, Leibniz-Universität Hannover. Gestaltung: Martin Adel
 Als rechtliche Institution und als Ordnungssystem zugleich, hat die Ehe eine zwar wenig beachtete, aber überaus große Rolle bei der Vermögensverteilung und ökonomischen Stellung von Ehepartnern gespielt; nicht nur bei Eheschließungen in fürstlichen oder Adels-Häusern, sondern auch im Bauernstand und bei Gewerbetreibenden. Was beim Erbrecht evident erscheint, wird in der genannten Hinsicht erst so richtig deutlich, wenn man das regional recht unterschiedliche Ehegüterrecht untersucht. Und das wich in Bezug auf die Regelungen von Gütertrennung oder Gütergemeinschaft in den einzelnen Herrschaftsbereichen oder Grundherrschaften deutlich voneinander ab und wurde wohl auch unterschiedlich gehandhabt. Dem kommt - man denke an die hohen Sterblichkeitsraten und die Praxis der häufigen und mehrfachen Wiederverheiratung - eine hohe Bedeutung für das persönliche Pouvoir oder Vermögen (im weitesten Sinn) zu; nicht zuletzt, wenn man bedenkt, dass für einen Gutteil der Bevölkerung, die Ehe an verschiedenste Bedingungen geknüpft war und z.B. von herrschaftlicher Willkür oder auch von strengen Zunftregelungen abhing. Vor diesem Hintergrund gewinnen Untersuchungen über die historische Bedeutung von Mitgift, in die Ehe eingebrachtem bzw. in der Ehe gemeinsam erwirtschaftetem Vermögen eine wichtige Aussagekraft über soziale Stellung und Möglichkeiten im Wandel der Zeiten.

Die mit gutem Willen von beyden Seiten eingegangenen Trennungen sind in Wien sehr gemein.

Der Schriftsteller Johann Rautenstrauch veröffentlichte 1784 unter dem Pseudonym „Arnold“ ein dreiteiliges Büchlein, das er mit „Schwachheiten der Wiener. Aus dem Manuskript eines Reisenden“ betitelte. Darin finden sich interessante Beschreibungen aus dem (bürgerlichen bzw. adeligen) Wiener Alltag. Rautenstrauch äußerte sich beispielsweise über den „Ehestand“, den „Widerwillen für die Heyrath“, die „Spielsucht“ und die „Schminke“. Interessant ist seine Meinung zur Ehetrennung:

Der erzbischöfliche Pallast in Wien hallt täglich und stündlich von den Klagen wieder, welche Eheleute, die Eines des Andern müde sind, vor dem Konsistorium ausstossen, und doch ist die Ehescheidung nicht erlaubt. Die geheiligten Bande der Ehe, da ihre Unauflöslichkeit festgesetzt ist, werden also zerrissen.
Das Gesetz war endlich gezwungen, die eheliche Trennung, die noch weit empörender, als die Ehescheidung selbst ist, zu gestatten. Die mit gutem Willen von beyden Seiten eingegangenen Trennungen sind in Wien sehr gemein. So verlieren die heiligsten Gesetze ihre Kraft und Würde. - Unterdessen muß der Mann seiner Frau, in jedem Fall, ihren Unterhalt verschaffen, sie mag ihn durch üble Wirthschaft zu Grund gerichtet, oder durch unanständige Aufführung beschimpft haben.

Wer sich für die „Schwachheiten der Wiener“ interessiert, findet diese auf Phaidra, einem Service der Universität Wien.

Ein Fall aus dem Jahr 1658

Das erste Mal  tritt das Ehepaar Herbert bzw. Herbertin am 19. August 1658 vor das Wiener Kirchengericht; nur sieben Wochen nach der Eheschließung. Johann Christoph Herbert verlangte von seiner Ehefrau, dass sie zu ihm zurückkehren und die eheliche Gemeinschaft wiederaufnehmen solle, denn sie sei ihm ohne Grund fünf Tage nach der Hochzeit davongelaufen. Anna Maria Clara Herbertin begründete die Flucht mit körperlicher Abneigung (er habe Mundgeruch und sei inkontinent), Alkoholismus, Gewalttätigkeit und Impotenz. Ihr Ehemann widersprach allen Vorwürfen und beschuldigte die Beklagte, ihn ohne Grund verlassen zu haben. Im Gerichtsverfahren kam es zu keiner Einigung. Die Advokaten Dr. Lang und Dr. Bechtoldt hinterlegten jeweils eine Kaution, die sicherstellen sollte, dass sich Kläger und Beklagte dem Verfahren nicht durch Flucht entziehen.

Die Argumentation der Ehefrau, warum sie von Ihrem Ehemann davongelaufen sei, fasste der Gerichtsschreiber folgendermaßen zusammen:

[Johann Christoph Herbert] lege zue nachts daß bloße schwerdt sambt denen pistollen zum bett. 2do stinckhe er auß dem mundt, daß ihme niemandt khönne conhabitiren, laße salva veniâ urinam undt alles undter sich ins bett, und halte sich dermassen unsauber, daß sie ihme auch destwegen nicht beywohnen khönne. 3tio seye er nichts satis potens, ... Khönne ihr in debito conjugali khein satsifaction laisten, ...

Vorschläge für die Regelung nichtehelicher Lebensgemeinschaften

Die beiden Wiener Zivilrechtlerinnen Constanze Fischer-Czermak und Barbara Beclin erarbeiteten Vorschläge für die gesetzliche Regelung nichtehelicher Lebensgemeinschaften. Ihr Hauptaugenmerk richteten sie unter anderem  darauf, inwieweit neue Regeln für eine Trennung der PartnerInnen geschaffen werden können. Die JuristInnen greifen Fragen des Unterhalts, der Vermögensaufteilung und der Kinderobsorge auf.

dieStandard.at berichtet darüber: Trennung ohne Trauschein, dieStandart.at, 19. Juli 2012.

Ein Häutel als Verhütungsmittel

Im August 1830 führte Magdalena Kaubarek ein Scheidungsverfahren gegen ihren Ehemann. Sowohl sie als ihr Mann, ein Bindermeister aus der Leopoldstadt, waren zu diesem Zeitpunkt 42 Jahre alt. Aus dem Protokoll, das während der Verhandlung angefertigt wurde, erfahren wir folgendes:

Seine Gattin [habe ihm] einst im Bette erzählt, daß ihre beste Freundin, welche von ihrem Manne geschieden war, ihr einst gesagt habe, daß ihr Gatte bey Pflegung des Beyschlafs um die Kindererzeugung zu verhindern, gewisse Vorsichten anwandte.

Von Seite der Commission nahm man Anstand, die wörtlichen Ausdrücke zu Protokoll zu nehmen, allein derselbe beharrte darauf, und gab aus eigenem Munde folgendes zu Protokoll:

Seine Gattin habe gesagt, diese ihre beste Hausfreundin habe ihrem Manne das Recht abgewonnen, daß sie gerne ein Kind gehabt hätte; da habe sie darauf gesagt, so oft er sie gebraucht habe, habe er stets ein Häutel darüber gethan; da habe er Kauberek ihr zur Antwort gegeben, er sey schon 30 Jahre in der Fremd, habe sehr viel gesehen, aber dieß habe er nicht gesehen, wenn daher seine Gattin eine solche Hausfreundin hatte, so könne an ihr auch nichts braves seyn, das gehöre nicht für eine wohlerzogene Jungfrau.

Auf der Homepage des Museums für Verhütung & Schwangerschaftsabbruch findet sich eine Abbildung eines solchen Häutels. In den Beständen des Museums ist unter der Inventarnummer 2053 ein Schafsdarmkondom mit Bändchen verzeichnet.

Ekel als Scheidungsgrund

Am 3. April 1850 rechtfertigte sich der 64jährige Schneidermeister Johann Duschek gegen die Vorwürfe, die seine um 33 Jahre jüngere Ehefrau Rosalia Duschek gegen ihn vorgebracht hatte, wie folgt:

Was den 2ten Scheidungsgrund anbelangt, nämlich, daß er mit einem übelriechenden Athem und Ausdünstung behaftet sey, so müße er diesen Umstand als unwahr widersprechen. ... Übrigens berufe er sich auf die Wahrnehmung der gerichtlichen Commission, denn, wäre die Angabe der Klägerin in dem Grade richtig, wie sie in ihrer Klage behauptete, so müßte dieser Übelstand auch von dem Gerichte wahrgenommen werden könnnen.

Rosalia Duschek antwortete während derselben Tagsatzung, wie ein Verhandlungstermin vor Gericht bezeichnet wurde, dass für sie

die Ausdünstung ihres Gatten Pest [sei] und es komme ihr vor, als wäre sie in der Nähe eines Leichnames, sie habe deßhalb auch zu Hause nichts eßen können.

Die Gerichtskommission ging auf die Aufforderung des beklagten Ehemanns ein und nahm Stellung zu diesem Übelstande. Der Gerichtsschreiber vermerkte folgendes im Protokoll:

Von Seite der Kommission wird bemerkt, daß Johann Duschek der Gerichtscommission sehr nahe stand, und deßen ungeachtet von der behaupteten übelriechenden Ausdünstung nichts bemerkt wurde, und daß auch die Klägerin dem Geklagten knapp zur Seite stand, ohne durch eine derlei Ausdünstung belästiget zu werden.

ein zu freizügiger Kleidungsstil…

Am 18. November 1776 erschienen Klara Freiin von Summerau und Gottfried Freiherr von Summerau vor dem Wiener Konsistorialgericht. Die Ehefrau äußerte, dass derzeit eine zusammenwohnung nicht friedlich seyn dürfte und verlangte, für eine bestimmte Zeit ihrem Ehemann den Zutritt zur Wohnung zu verbieten und getrennt leben zu dürfen. Als Gründe für die „Toleranz“ – wie der Zeitraum der Trennung bezeichnet wurde – gab Klara Freiin von Summerau folgendes an:

ihr gemahl habe sie jederzeit hart gehalten, verschiedene gefährliche trohungen gemacht, sein ganzes betragen wäre sehr unanständig, er halte sich in wäsch und kleidung unrein, wär vorhin öfters über nacht auf verdächtigen gründen geblieben, gehe zu haus vor den kindern und domestiquen im blossen hemd herum, gebe diesen üble beyspile, begehr in ipso actu conjugale ausschweifungen.

Scheidung auf katholisch

Screenshot derstandard.at

Sabina Zeithammer vom Standard berichtet in einem Artikel über unser Forschungsprojekt. Der in der Mittwochsbeilage Forschung Spezial am 22. Februar 2012 erschienene Artikel ist auch online abrufbar: Ehen vor Gericht – Scheidung auf katholisch

Ö1 Hörbilder über das erste Frauenhaus in Österreich

Das erste österreichische Frauenhaus und seine Geschichte(n) lautet der Titel des diesen Samstag um 09:05 Uhr auf Ö1 ausgestrahlten Radio-Features. Die Sendung kann eine Woche lang unter http://oe1.orf.at nachgehört werden.

"Die möcht' ein Freudenhaus eröffnen!" Das erste österreichische Frauenhaus und seine Geschichte(n). Von Isabelle Engels

Am 1. November 1978 wurde das 1. Frauenhaus Österreichs in Wien eröffnet. Und war alsbald überfüllt: Eine große Altbauwohnung diente als vorübergehende Bleibe für Frauen, die mit ihren Kindern vor dem gewalttätigen Ehemann flüchten mussten. Mit ihnen lebte dort, Tag und Nacht, eine Gruppe junger Sozialarbeiterinnen.

Das Frauenhaus hatten sie nach dem Vorbild von London und Berlin initiiert und fanden in der damaligen Gemeinderätin und späteren Frauenministerin Johanna Dohnal eine Politikerin, die der Idee zur Durchsetzung verhalf. Gewalt gegen Frauen war zu dieser Zeit noch ein großes Tabu. Und ein antiquiertes, bis 1978 geltendes, Eherecht hatte die Frau auch im gesellschaftlichen Bewusstsein zu einem Menschen zweiter Klasse degradiert.

Dementsprechend groß waren die Widerstände, die zu überwinden waren. "In Wien werden keine Frauen geschlagen", bekundete der damalige Wiener Bürgermeister Leopold Gratz und sowohl im Gemeinderat als auch am Stammtisch witzelte man: "Die Dohnal möcht' ein Freudenhaus eröffnen!"

Heute gibt es in Österreich 28 Frauenhäuser mit über 700 Plätzen. Und auch sonst hat sich viel verändert: Statt eines WG-Lebens mit basisdemokratischen Spielregeln und ohne jede Sicherheitsvorkehrung handelt es sich heute um gut überwachte Häuser mit kleinen Wohneinheiten und professioneller Arbeitsteilung. Auf politischer Ebene wurden Gewaltschutzgesetz und Interventionsstellen geschaffen. Trotzdem haben sich die Frauenhäuser nicht erübrigt: Sie sind nach wie vor voll belegt.

Ein „Kuchenbüchel“ als Beweisstück

In den allermeisten vor dem Magistrat der Stadt Wien durchgeführten Trennungsverfahren  dienten amtliche Dokumente oder mündliche Aussagen von ZeugInnen als Beweise, die einen Scheidungsgrund untermauern sollten. Cäcilia Swoboda brachte 1816 – nach nur dreijähriger Ehe – in ihrer Scheidungsklage allerdings ein „Kuchelbüchel“ von Oktober 1814 als Beweisstück ein. Sie warf ihrem Ehemann vor, dass er „in [das] kuchelbüchel, wenn irgendeine ausgabe für sie vorkam, für die sau, anstatt frau hinein[geschrieben]“ habe. Ihr Ehemann Franz Mathias Swoboda widersprach dem Vorwurf nicht und äußerte sich in der Beantwortung der Klage folgendermaßen:

Dieß aber sey wahr, daß er in sein eigenes kuchenbüchel statt für die frau, für die sau geschrieben habe. Allein dieß sey deßwegen geschehen, weil die betrefende ausgabe auf brandwein gemacht worden ist, daher habe er statt für die frau, „für die sau“ eingeschrieben.

Der Wiener Stadtmagistrat gab der Scheidungsklage von Cäcilia Swoboda statt. Neben anderen rechtmäßigen Scheidungsgründen galt in den Augen des Magistrats die „Kränkung“ der Ehefrau als bewiesen. Der Magistrat argumentierte damit konform zu den Bestimmungen des ABGB von 1811. Paragraf 109 des ABGB hielt „nach dem Verhältnisse der Person, sehr empfindliche, wiederhohlte Kränkungen“ als einen rechtmäßigen Scheidungsgrund fest.

Das Laster der Selbstbefleckung

Ägyd von Liechtenstern, Kanzlist bei der kaiserlichen geheimen Reichshofkanzlei, wandte sich im Dezember 1781 an das Wiener Konsistorium. Seiner Aussage zufolge, halte er es im Haus seines Schwiegervaters Karl Fritz von Rustenfeld, in dem er gemeinsam mit seiner Ehefrau wohne, nicht länger aus. Ägyd von Liechtenstern äußerte vor Gericht, dass er unter dem Dach des Schwiegervaters „von seiner frau abgesondert leben [müsse] und ganz niederträchtig behandelt [werde]“ und bat das kirchliche Gericht, seiner Frau aufzutragen, dass sie zu ihm ziehe. Karl Fritz von Rustenfeld brachte zur Verteidigung seiner Tochter vor,

das seine tochter nie zur cohabitierung mit einem solchen mann könne verhalten werden, welcher sich dem laster der selbstbefleckung so sehr ergeben, daß selbes bey ihm ganz zur gewohnheit geworden und wodurch er sich die hinfallende krankheit, manchmallige hirn verzuckungen, raserey, abzehrrung und untauglichkeit zur erzeugung zugezochen.

aus: Eheprozess Ägyd contra Anna Maria Liechtenstern in Sachen Cohabitierung (DAW: WP 160_318).

In seiner Argumentation griff der Schwiegervater auf das reichhaltige Repertoire der Onaniedebatte zurück. Vielleicht hatte er ja eine der Schriften des Schweizer Arzts Simon Auguste Tissot gelesen, der in seinen Schriften gegen das Laster der Selbstbefleckung vorging.

Tissot, Simon Auguste: Versuch von denen Krankheiten, welche aus der Selbstbefleckung entstehen, Frankfurt/Leipzig 1760.

„Betrifft: Geschichte“ zum Thema „Familie im Wandel der Zeit“

Ö1 befasst sich diese Woche in der Sendereihe Betrifft: Geschichte mit der historischen Familienforschung:

Verwandtschaft und Haushalt. Familie im Wandel der Zeiten. Mit Michael Mitterauer, Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Universität Wien. Gestaltung: Martin Adel

"Familie", abgeleitet vom lateinischen "famulus", der Bezeichnung für den Haussklaven, hatte ursprünglich gar nichts mit Verwandtschaftsverhältnissen zu tun, sondern bezeichnete eine Herrschaftsbeziehung und zwar jene des Mannes zu seinem Besitz. Der "pater familias" zählte dazu - von seiner Ehefrau angefangen über die Kinder und Sklaven bis hin zu den Haustieren - und alles, was zum "Hausstand" gehörte. Heute empfinden viele schon den Ausdruck "Haushaltsvorstand" (wie er in den statistischen Erhebungen der öffentlichen Verwaltung noch üblich ist) als zumindest störend.

Auch wenn die Großfamilie mittlerweile von der Klein- und Patchwork-Familie abgelöst worden ist, so ist mit dem Begriff Familie immer noch eine Reihe von sozialen Aufgaben und Strukturmerkmalen verbunden. Allerdings, wer heute wohl eher an Geborgenheit und Rückhalt denkt, dachte noch vor einigen Jahrhunderten mehr an Generationenfolge, an Nachwuchs. Ebenso waren die rechtlichen wie insbesondere die emotionalen Bindungen in der Familie einem radikalen Wandel unterworfen, aber sie waren vermutlich nie wirklich einfach. Es hat mit Sicherheit lange gedauert, bis man sagen konnte: "Familie kann man sich nicht aussuchen; die Freunde schon!" - Ein Zeichen befreiter Individualisierung, aber, genauer betrachtet, nicht nur das.

„Klugheitsregeln, die zu beobachten sind, wenn beyde Eheleute zusammen vor Gericht zu stehen kommen.“

In den späten 1820er-Jahren veröffentlichte der Jurist Thomas Dolliner in der „Zeitschrift für österreichische Rechtsgelehrsamkeit“ mehrere Beiträge über bestimmte Aspekte gerichtlicher Ehetrennungsverfahren. 1848 – zu diesem Zeitpunkt war er bereits emeritierter „Professor des Römischen Civil= und des Kirchenrechtes an der Wiener Universität“ – versammelte er diese und publizierte das „Handbuch des österreichischen Eherechtes“.

Nachdem der Eherichter die beiden Eheleute isoliert vernommen habe, rät Thomas Dolliner dem Richter, die „beyden Eheleute zugleich vor sich kommen [zu] lassen“. Für die gemeinsame Vernehmung von Ehefrau und Ehemann formulierte Thomas Dolliner folgende „Klugheitsregeln“:

1. Der Richter muß trachten, jeden Ausbruch der Leidenschaft im Keime zu ersticken, widrigens dürfte er die Erfahrung machen, daß die Eheleute, die sich gewöhnlich in einem sehr bewegten Gemüthszustande befinden, seine Ohren mit wechselseitigen Anklagen ermüden, sich mit Vorwürfen aller Art überhaufen, und zuletzt mit einander in ein unanständiges Gezänk und in eine solche Erbitterung gerathen werden, die ihnen alle Fähigkeit benimmt, vernünftige Vorstellungen anzuhören oder ihre Rechte gehörig zu vertheidigen. Die ganze Tagsatzung kann darüber fruchtlos ablaufen.

2. Er darf kein unanständiges Betragen dulden, den streitenden Theilen jeden solchen Unfug mit Ernst und Nachdruck untersagen, und wenn dieses nicht hilft, die weitere Verhandlung auf einen anderen Tag verlegen.

3. Er selbst soll die Parteyen schonend behandeln, ihnen keine unnützen Vorwürfe machen, sich gegen sie keine beleidigenden Reden oder unschickliche Scherze erlauben, sie nicht mit rauhen Worten anfahren, sondern sie gelassen fragen und anhören, nöthigen Falles belehren, und ihrem oft undentlichen [sic] und unzusammenhängenden Vortrage, oder ihrer Unbehülflichkeit in Darlegung der Beweismittel duch gehörige Weisungen nachhelfen.

aus: Dolliner, Thomas: Handbuch des österreichischen Eherechtes, Bd. 3: Der österreichische Eheproceß, Wien 1848, 120.

„Welches sind die Ursachen, daß so viele Eheleute nicht glücklich leben?“

Diese Frage wurde in einem im Jahr 1805 in Wien publizierter Eheratgeber formuliert. Als Antwort erstellte der Verfasser des Buchs eine ‚Top-Ten-Liste‘:

1) Mangel an guter christlicher Erziehung. 2) Vernachläßigung des täglichen Gebeths. 3) Mangel an Tugend und Gedult, an gefälliger schonender Liebe. 4) Der übermäßige, und dann zum Ekel gewordene Genuß ehelicher Liebe. 5) Die daraus entstandene herrschende Lüsternheit nach Abwechslung. 6) Der Müßiggang. 7) Die nie zu befriedigende Neigung zur Kleiderpracht, zu immerwährenden Unterhaltungen, Spielen, und derley Geld und Zeit und Tugend verzehrenden Tändeleyen. 8 ) Die daraus entstehende Schuldenlast, oder die bittere Vorstellung: "wie werden wir in der Folge unsere Gläubiger befriedigen? Wo Brod, Kleidung u.s.w. für uns und unsere Kinder hernehmen?" 9) Mangel an der großen Lebensweisheit: Herr über seine Neigungen zu seyn, und gerne zu entbehren, was man nicht leicht haben kann. 10) Falsche Begriffe von dem Ehestande und dessen Pflichten.

aus: Guter Rat über die wichtigsten Punkte des Ehestandes so wohl in moralischer als physischer Rücksicht. Ein nützliches Geschenk für Brautleute, welche im Ehestande wahrhaft glücklich zu leben wünschen, Wien 1805, 104-105.