1. Ehegüterregime
2. Erbrecht
3. Regelung der „weltlichen Dinge“
4. Obsorge
5. Exekutionsrecht
1. Ehegüterregime
Wie im Menüpunkt Scheidungsfolgen – Kirchliche Gerichtsbarkeit (1558–1783) beschrieben, war das vorherrschende Ehegüterregime im frühneuzeitlichen Erzherzogtum Österreich unter der Enns die Gütergemeinschaft. Richtschnur bei den Bestrebungen, das Zivilrecht in der Habsburger Monarchie zu kodifizieren und zu vereinheitlichen, war, wie ebenfalls ausgeführt, allerdings nicht die Gütergemeinschaft, sondern die Gütertrennung, das Ehegüterregime, welches beispielsweise im frühneuzeitlichen Tirol vorherrschend war. Wie ich darlegen werden, finden sich viele der im Codex Theresianus von 1766 bereits entworfenen Regelungen im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch von 1786 wieder.
Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (1786)
Übergeordnetes Ziel des mittels Patent am ersten November 1786 kund gemachten ABGB, welches später zur Differenzierung vom ABGB von 1811 in Josephinisches Gesetzbuch umbenannt wurde, war es, ein „gleichförmig, allgemeines bürgerliches Recht in unsern gesammten deutschen Erbländern einzuführen.“
Für Eheverfahren relevant ist vor allem das dritte Hauptstück, „Von den Rechten zwischen Eheleuten.“ Aus den Gewohnheitsrechten übernahm das ABGB das Züchtigungsrecht des Ehemanns gegenüber der Ehefrau. § 47 definierte ganz allgemein, dass der Ehemann mit der Heirat eine „Gattung von Gewalt“ über die Ehefrau erwirbt, die „jedoch nach Vernunft, Anständigkeit und Billigkeit gemäßiget sein muss.“ Die Bestimmung, welche Form oder welches Ausmaß an physischer Gewalt legitim oder illegitim war, wurde damit der gerichtlichen Interpretation überlassen. Wie bereits im Codex Theresianus von 1766 schrieb § 47 dem Ehemann vor, die Ehefrau „seinem Stand gemäß zu unterhalten“ und diese „sowohl gerichtlich“ wie auch „außergerichtlich“ zu vertreten. § 49 verpflichtete im Gegenzug die Ehefrau dazu, dem „Wohnsitze des Mannes zu folgen“ und ihm „nach Verschiedenheit des Standes in seinem Nahrungsstande Hilfe zu leisten, und ihn in [der] Besorgung des Hauswesens nach Stand und Kräften zu überheben“.
HEIRATSGUT UND WIDERLAGE
Genau geregelt wurde die Verfügungsgewalt über das Vermögen, welches die Frau als Heiratsgut und der Mann als Widerlage in die Ehe einbrachten. § 55 sah generell vor, beim Heiratsgut „zuerst Stand, Würde der Personen und die Kräfte des Vermögens zum Maßstabe zu nehmen …“. Hatte der Codex Theresianus den Ehemännern, sofern das Ehepaar nicht eine allgemeine Gütergemeinschaft vereinbart hatte, nur das Nutzungsrecht des Heiratsgut überantwortete, so wurde nun in Paragraph 63 festgelegt, dass der Ehemann über das Heiratsgut der Braut, „es sei beweglich, oder unbeweglich Gut [ …] das volle und unwiderrufliche Eigenthum“ erwerbe, er während der Ehe damit wie mit seinem eigenen Vermögen „frey schalten und walten“ könne. Bei einer aufgelösten Ehe – durch Tod oder Annullierung – müsse er nicht das, was er als Heiratsgut erhalten habe, sondern nur den „angeschlagenen Werth des Heirathsgutes“ zurückstellen. Umfasste das Heiratsgut auch liegende Güter, so verblieben diese nach § 66 zwar weiterhin im Eigentum der Ehefrau. Neben der „Nutzniessung“ erhielt der Ehemann nun zusätzlich aber „auch den vollen Genuß aller abfallenden Nutzungen.“
Festgelegt wurde zudem, dass die Ehefrau das Heiratsgut während der Ehe nicht zurückfordern konnte. Analog zum Codex Theresianus gestand das ABGB von 1786 der Ehefrau bei offenkundiger Verschwendung nur zu, dass sie – sollte sie eine Sicherstellung des Heiratsgutes verabsäumt haben –, um eine solche, etwa durch eine Hypothek auf liegende Güter des Ehemannes, ansuchen konnte.
§ 77 bestimmte recht allgemein, dass all jenes, welches „wegen des Heirathsgutes angeordnet ist“, auch für die Widerlage zu gelten habe, welche der Bräutigam an die Braut leistet. Liest man die weiteren Paragraphen, so wird deutlich, dass Heiratsgut und Widerlage während der Ehe anderen Regeln gehorchen sollten. Während, wie ausgeführt, das Heiratsgut, bis auf liegende Güter, während der Ehe direkt in das Eigentum des Ehemannes übergingen, hatte die Ehefrau gemäß § 79 während der Ehe keinerlei gesetzliche Rechte auf die Widerlage. Im Gegensatz zum Ehemann, der ein nicht bezahltes Heiratsgut gerichtlich einklagen konnte, konnte die Ehefrau eine versprochene Widerlage während der Ehe nicht gesetzlich einfordern.
Hatte das Ehepaar im Ehevertrag keine allgemeine Gütergemeinschaft vereinbart, die auch Heiratsgut und Widerlage inkludierte, so fiel nach Paragraph 116 des ABGB von 1786 das Eigentum von Heiratsgut und Widerlage direkt an den überlebenden Eheteil zurück: „Bey einer durch den Tod aufgelösten Ehe fällt auf das überlebende Weib das Heurathgut, und an den überlebenden Mann die Widerlage zurück.“ Zusätzlich zu dem in die Ehe eingebrachten erhielt die Witwe auch das Eigentum an der Widerlage, der Witwer das vollständige Eigentum am von der Braut eingebrachten Heiratsgut:
"Außer dem aber gewinnt das Weib auch die ihr verschriebene Widerlage, und der Mann das ihm zugebrachte Heurathgut unwiderruflich“ (§ 116).
GÜTERTRENNUNG
Als rechtlich gültiges Eheregime wurde die Gütertrennung bestimmt:
„§ 83. Jedem Ehegatten bleibt sein Vermögen sowohl, das er vor der Ehe gehabt, als was ihm nachher zukömmt, allein eigen; ohne daß der andere auf dasselbe einen Anspruch machen kann.“
Aufgeweicht wurde diese Regelung allerdings durch die Rechtsvermutung einer stillschweigenden Gewalt und Vollmacht des Ehemannes, die den Ehemann berechtigte, sich in die Vermögensverwaltung der Ehefrau einzumischen, nicht aber umgekehrt.
Paragraph 84 schrieb beispielsweise eingangs fest, dass „jedem Ehegatten die freye Verwaltung seines Vermögens, ohne daß er von dem andern darin geirrt werden kann“ gehöre. Dem Ehemann stünde es dabei jedoch zu, „sich der Geschäfte des Weibes, und der Verwaltung ihres Vermögens anzunehmen, und hat derselbe in Fällen, die keine besondere Vollmacht fo[r]dern, überhaupt eine stillschweigende Gewalt und Vollmacht“. Im daran anschließenden Satz wurde der Ehefrau aber immerhin zugestanden, jederzeit „der ferneren Verwaltung des Mannes zu widersprechen, und solche selbst zu übernehmen.“
§ 85 schloss grundsätzlich nicht aus, dass auch der Ehemann der Ehefrau die Vermögensverwaltung übertragen konnte. Er bestimmte, dass im Fall, dass „ein Ehegatte dem andern die Verwaltung seines Vermögens ausdrücklich aufgetragen“ hat und er oder sie dies rechtmäßig beweisen kann, es dabei sein „unwiderrufliches Bewenden“ habe. § 86 fasst die Option der Verwaltungsübertragung wiederum einseitig, indem darin nur der Frau die Möglichkeit eingeräumt wird, die „ausdrücklich oder stillschweigend“ aufgetragene Vermögensverwaltung dann widerrufen zu können, wenn sie Beweise vorlegen könne, dass ihr Vermögen wegen „der übeln Verwaltung des Mannes“ vermindert werde.
Detailliert geregelt ist zudem, ob die Vermögensverwaltung auch die Nutznießung umfasste oder nicht. § 89 bestimmte, dass die Ehefrau, auch wenn sie dem Ehemann die Verwaltung und Nutznießung stillschweigend oder explizit überlassen hatte, das Recht behielt, ihr Vermögen zu verkaufen. Aber selbst unter der Voraussetzung, dass die Ehefrau ihr Vermögen selbst verwaltete, gestand § 90 dem Ehemann das Recht zu, „auf ihr benehmen Acht zu haben, um, wenn besonders Kinder da sind, der Verschwendung und Versplitterung vorzukommen.“
GÜTERGEMEINSCHAFT
Ehepaare, die sich für das Eheregime der Gütergemeinschaft – allgemeine Gütergemeinschaft oder partielle Gütergemeinschaft bzw. Errungensgemeischaft – entschieden, mussten diese explizit in einem Heirats- bzw. Ehevertrag vereinbaren. In den §§ 92-96 werden die Spielregeln der Gütergemeinschaft definiert, die im Wesentlichen dem Gewohnheitsrecht und der langjährigen Praxis im Erzherzogtum Österreich unter der Enns entsprechen. Da die hier untersuchten Ehepaare bis weit ins 19. Jahrhundert mittels Eheverträgen an der Gütergemeinschaft festhielten, sollen im Folgenden deren Bestimmungen genauer vorgestellt werden.
Zu differenzieren gilt es zwischen der allgemeinen Gütergemeinschaft, in welcher das gegenwärtige und das künftige Vermögen zu einem gemeinsamen Gut verschmolzen und der partiellen Gütergemeinschaft, welche nur das künftige Vermögen – mit oder auch ohne künftige Erbschaften – umfasste.
§ 92 hielt einleitend fest, dass eine Gütergemeinschaft nichts am „Eigenthume des Vermögens“ ändert, welches nicht in die Gütergemeinschaft eingebracht wird:
„jeder Theil behält darüber ungebundene Macht, und kann davon auch wider Willen des andern Theiles veräußern.“ (§ 92)
Eine „Gütergemeinschaft über das gegenwärtige und künftige Vermögen, mit oder ohne Einschluß der Ererbungen“ konnte, so § 95, ohne „weitere Feyerlichkeit“ eingegangen werden kann. Der Ehe- bzw. Heiratsvertrag musste allerdings „eine ordentliche und verläßliche Beschreibung über beider Theile Habschaft“ beinhalten und von beiden Eheteilen unterschrieben werden. Um allfällige Streitigkeiten zu verhindern, sollte im Ehevertrag genau festlegt werden, „was in die Gemeinschaft gehört oder nicht“. Zu differenzieren galt, ob nur das „künftige Vermögen allein, oder auch alles gegenwärtige und künftige“ Vermögen Teil der Gütergemeinschaft sein sollte.
Sollten künftige Erbschaften in die partielle Gütergemeinschaft einfließen, so musste dies im Ehevertrag festgehalten werden. § 94 bestimmte, dass ohne explizite Bestimmung künftige Erbschaften des Ehemannes und der Ehefrau nicht in die Gütergemeinschaft einflossen:
„so gehört dennoch dasjenige, was künftig ererbet wird, nicht darunter, als wenn von der Erbserwerbung ausdrücklich Meldung gemacht worden.“ (§ 94)
Im Güterregime der partiellen Gütergemeinschaft, heute auch als Errungensgemeinschaft bezeichnet, gehörte alles, was während der Ehe erworben oder, sofern im Ehevertrag festgehalten, ererbt wurde, beiden Ehepartner*innen gemeinsam, „bis das Gegentheil erwiesen wird“.
Umfasste die Gütergemeinschaft auch Grundbesitz und Immobilen, so wurde der jeweils andere Eheteil im Grundbuch miteingetragen. § 93 legte für diesen Fall fest, dass ein Eheteil
„ohne die Einwilligung des Andern zwar mit der Hälfte, aber nicht mit der ganzen so behafteten Sache eine Anordnung machen [kann].“ (§ 93)
Verstarb ein Eheteil, so erhielt, vom Geschlecht ebenfalls unabhängig, der überlebende Eheteil sofort das „volle und freye Eigenthum“ an seiner Hälfte des Grundbesitzes bzw. der Immobilie. Mit dem vollen Eigentum musste der überlebende Eheteil auch allfällige im Grundbuch eingetragene Hypotheken übernehmen.
Insgesamt hatte beim Tod eines Eheteiles der überlebende Eheteil das Recht
„auf die Hälfte desjenigen, was an dem der Gemeinschaft unterzogenen Gute, nach Vorsterben des Einen, vorhanden seyn wird.“ (§ 92)
Von dem gemeinsamen Vermögen waren, wie § 96 festlegte, allfällige Schulden abzuziehen. Hatte das Ehepaar eine allgemeine Gütergemeinschaft vereinbart, so war es unerheblich, ob die Schulden gemeinsam, oder nur von einem Eheteil gemacht worden waren. Schwieriger gestaltete sich die Frage, wenn die Ehepartner*innen auch über eigenes Vermögen verfügten. Hier galt es zu klären, ob die Schulden das gemeinsame Vermögen oder aber das eigene Vermögen betrafen.
Allgemein bürgerliches Gesetzbuch (1811)
War bereits das ABGB von 1786 der bürgerlich-patriarchalen Ideologie verpflichtet, so findet sich diese im zweiten Hauptstücke des ABGB von 1811 noch deutlicher ausformuliert. Unter der Überschrift „Von dem Eherechte“ definierte der einleitende Paragraph, dass mit dem Eingang eines Ehevertrages die Familie gegründet wird.
„Die Familien-Verhältnisse werden durch den Ehevertrag gegründet. In dem Ehevertrage erklären zwey Personen verschiedenen Geschlechtes gesetzmäßig ihren Willen, in unzertrennlicher Gemeinschaft zu leben, Kinder zu zeugen, sie zu erziehen, und sich gegenseitigen Beystand zu leisten". (§ 44)
Mit dem Eingang des Ehevertrags ist nicht die zivilrechtliche Eheschließung, sondern die kirchliche Trauung gemeint, welche, wie im Menüpunkt Eheverfahren_Normen gezeigt, in der Habsburger Monarchie weiterhin die einzige Möglichkeit war, um eine gültige Ehe zu schließen. Der Ehevertrag, womit bis dahin das Dokument bezeichnet wurde, in welchem die Ehepaare vor allem die Vermögensverhältnisse während der Ehe und das Erbrecht beim Vortod eines Eheteils regelten, wurde nun „Ehe-Pacte“ (§ 1217) genannt.
Das ABGB von 1811 verzichtete zwar darauf, das Züchtigungsrecht des Ehemannes gegenüber der Ehefrau gesetzlich zu verankern, erklärte ihn aber zum „Haupt der Familie“:
„Der Mann ist das Haupt der Familie. In dieser Eigenschaft steht ihm vorzüglich das Recht zu, das Hauswesen zu leiten; es liegt ihm aber auch die Verbindlichkeit ob, der Ehegattinn nach seinem Vermögen den anständigen Unterhalt zu verschaffen, und sie in allen Vorfällen zu vertreten.“ (§ 91)
Die Ehefrau war nun im Gegenzug dazu verpflichtet,
„dem Manne in seinen Wohnsitz zu folgen, in der Haushaltung und Erwerbung nach Kräften beyzustehen, und so weit es die häusliche Ordnung erfordert, die von ihm getroffenen Maßregeln sowohl selbst zu befolgen, als befolgen zu machen.“ (§ 92)
HEIRATSGUT UND WIDERLAGE
§ 1227 legte fest, dass „so lange die eheliche Gesellschaft fortgesetzt wird“, sowohl die „Fruchtnießung des Heirathsgutes“ wie auch der Zugewinn dem Mann gehört. Umfasste das Heiratsgut der Ehefrau auch Bargeld, Schuldscheine oder andere verbrauchbare Dinge, so erlangte der Ehemann, wie bereits im ABGB von 1786 (§ 63), für den Zeitraum der Ehegemeinschaft das „vollständige Eigenthum.“ Für unbewegliche Güter galt weiterhin die Regelung, dass diese im Eigentum der Ehefrau blieben, der Ehemann allerdings den Fruchtgenuss erhielt.
Im Unterschied zum ABGB von 1786 wurde die Widerlage nicht mehr als selbstverständlicher Vermögensteil konzipiert, welchen der Ehemann in die Ehe einbrachte, sondern, wie § 1230 festhielt, nur mehr als freiwillige Leistung des Ehemannes oder eines Dritten zur „Vermehrung des Heirathsguts“ der Braut. § 1231 hielt nochmals explizit fest, dass weder der Bräutigam noch dessen Eltern verpflichtet waren, eine Widerlage einzubringen.
Gingen Heiratsgut und Widerlage im ABGB von 1786 noch vom Geschlecht unabhängig an den überlebenden Eheteil, so bestimmte § 1222, dass „das Heirathsgut nach dem Tode des Mannes seiner Ehegattin, und wenn sie vor ihm stirbt, ihren Erben heim[fällt].“ Während der Ehemann beim Vortod der Ehefrau das Heiratsgut ihren Erb*innen bezahlen musste, erhielt die Ehefrau beim Vortod des Ehemannes neben dem von ihr eingebrachten Heiratsgut auch die Widerlage, welche wie erwähnt zu einer freiwilligen Leistung „zur Vermehrung des Heirathsgutes“ umdefiniert worden war (§ 1230 ABGB).
Sollte das Heiratsgut (inklusive einer allfällig vereinbarten Widerlage) beim Vortod eines Eheteils wie bis dahin üblich in das „unwiderrufliche Eigentum“ des überlebenden Eheteils übergehen, so musste nun im Ehevertrag explizit festgehalten werden, dass „Heuratsgut“ und „Widerlage“ auf Überleben vereinbart wurden. § 1230 sah allerdings vor, dass beim Vortod des Ehemannes die Widerlage auch dann in das „freye Eigentum“ der Ehefrau übergehe, wenn dem Ehemann im Fall seines Überlebens das Heiratsgut nicht verschrieben worden war. Begründet wurde diese Regelung damit, dass die Widerlage als vermehrtes Heiratsgut zu sehen ist, welches beim Tod des Ehemannes der Ehefrau zufällt.
GÜTERTRENNUNG
Auch das ABGB von 1811 bestimmte die Gütertrennung als Eheregime, welchem Ehepaare, die keine „Ehe-Pacte“ abschlossen, automatisch unterworfen waren.
„Haben Eheleute über die Verwendung ihres Vermögens keine besondere Uebereinkunft getroffen; so behält jeder Ehegatte sein voriges Eigenthumsrecht, und auf das, was ein jeder Theil während der Ehe erwirbt, und auf was immer für eine Art überkommt, hat der andere keinen Anspruch. Im Zweifel wird vermuthet, daß der Erwerb von dem Manne herrühre.“ (§ 1237)
Eine Verschlechterung für die Ehefrau stellte vor allem letzter Satz im obigen Zitat dar. Konnte sie nicht beweisen, dass etwas – sei es ein Einrichtungsgegenstand oder auch ein Stück Land – von ihrem Vermögen gekauft worden war, so galt nun die Rechtsvermutung, dass der Erwerb vom Vermögen des Mannes bezahlt worden war.
Auch der anschließende Paragraph verschlechtere die Rechtsposition der Ehefrauen. Hier arbeiteten die Verfasser des AGBG ebenfalls mit der Rechtsvermutung. Während das ABGB von 1786 dem Ehemann eine stillschweigende Vollmacht nur für jene Transaktionen erteilte, die keine besondere Vollmacht erforderten, wurde diese Vollmacht nun auf alle Transaktionen ausgedehnt:
„So lange die Ehegattinn nicht widersprochen hat, gilt die rechtliche Vermuthung, daß sie dem Manne als ihrem gesetzmäßigen Vertreter die Verwaltung ihres freyen Vermögens anvertrauet habe.“ (§ 1238)
Im Gegensatz zum ABGB von 1786 stand es nun nicht mehr nur dem Ehemann zu, bei einem etwaigen Verdacht der Verschwendung seine Ehefrau zu klagen, sondern es konnte nun auch die Ehefrau die Abnahme der Verwaltungsgewalt des Ehemannes einklagen:
„§ 1241. In dringenden Fällen oder bey Gefahr eines Nachtheiles, kann dem Ehemanne die Verwaltung des Vermögens, selbst wenn sie ihm ausdrücklich und auf immer verwilliget worden wäre, abgenommen werden. Hingegen ist auch er befugt, der unordentlichen Wirthschaft seiner Gattinn Einhalt zu thun, und sie unter den gesetzlichen Vorschriften sogar als Verschwenderinn erklären zu lassen.“
GÜTERGEMEINSCHAFT
Die in den §§ 1233-1236 genannten Bestimmungen folgen im Wesentlichen den oben beschriebenen Bestimmungen des ABGB von 1786.
2. Erbrecht
Für die Vermögensübertragung zwischen den Generationen kommt neben dem Ehegüterrecht auch dem Erbrecht eine zentrale Bedeutung zu. Nachdem letzteres bis zum ABGB von 1811 im Wesentlichen nur Gewohnheitsrechtlich geregelt war, trafen die allermeisten Brautleute im Ehevertrag auch erbrechtliche Vereinbarungen, welche sie an das gewählte Ehegüterregime anpassten. Während sie in den ehegüterrechtlichen Punkten des Heiratsvertrages über das Eigentum am Vermögen entschieden, welches Braut und Bräutigam zum Zeitpunkt der Eheschließung besaßen und im Laufe der Ehe erben und erwerben werden, regelten sie in den erbrechtlichen Punkten, wie das Vermögen des verstorbenen Eheteils zwischen der Witwe bzw. dem Witwer, den Kindern und allfälligen Verwandten aufgeteilt werden sollte.
Das Josephinische Erbfolgepatent (1786)
Das am 11. Mai 1786 verabschiedete Josephinische Erbfolgepatent (JSG 548) verfolgte das Ziel, „in den gesammten deutschen Erbländern eine allgemeine, für alle Stände ohne Unterschied gleiche Ordnung der gesetzlichen Erbfolge (successionis ab intestato) des frey vererblichen Vermögens“ einzuführen (Präambel).
Gleich der erste Paragraph macht deutlich, dass die gesetzliche Erbfolge nur in jenen Fällen zur Anwendung kommen sollte, wenn die Untertan*innen ihre Erbfolge nicht privatautonom geregelt, sprich die verstorbene Person keine Anordnungen über ihr Vermögen getroffen hatte. § 2 sah vor, dass in diesen Fällen das Vermögen des oder der Erblasser*in an die leiblichen Verwandten gehen sollte.
Der dritte Paragraph definierte die Verwandtschaftslinien: In der erste Linie befinden sich die Kinder und deren Kinder. Waren Kinder der Erblasser*innen bereits verstorben, so gingen deren Anteile am Nachlassvermögen an deren Kinder. In die zweite Linie wurden Mutter und Vater der Erblasser*innen und deren Kinder und Enkelkinder eingeordnet. Waren die Eltern bereits verstorben, so sollte der Nachlass an die Geschwister der Erblasser*innen bzw. waren auch diese bereits verstorben, an deren Kinder gehen. Waren in der zweiten Linie keine erbberechtigten Personen vorhanden, so waren in der dritten Linie die Großeltern der Erblasser*innen bzw. die Großtanten und Großonkeln bzw. deren Kinder erbberechtigt. Waren auch in der dritten Linie keine erbberechtigten Personen mehr am Leben, so kamen Verwandte bis zur sechsten Linie („dritte Urgroßeltern, samt jenen, die von diesen entsprossen sind“ zum Zug.
Nachdem die gesetzliche Erbfolge ausschließlich über leibliche Verwandtschaft konstruiert wurde, sah das Josephinische Erbfolgepatent konsequenterweise auch kein Erbrecht der Ehepartner*innen vor. Erst im eher unwahrscheinlichen Fall, dass in allen sechs Linien keine Erb*innen vorhanden waren, ging der Nachlass, wie Paragraph 23 festlegte, an die Witwe bzw. den Witwer. War auch diese bzw. dieser verstorben, so definierte Paragraph 23 den Nachlass als „ein erbloses Gut“, welches „zu Händen Unserer Kammer“ bzw. zu Händen all jener einzuziehen ist, welche ein Recht dazu verliehen bekommen haben.
Paragraph 24 hielt nochmals explizit fest, dass Ehepartner*innen – abgesehen der in Paragraph 23 beschriebenen Ausnahme – keine rechtliche Erbfolge besitzen. Den überlebenden Ehepartner*innen gebührte allerdings, wie Paragraph 24 erläutert, unabhängig davon, ob diese ein eigenes Vermögen besitzen, so lange ein Genußrecht an Teilen des „rückgebliebenen Vermögen zu seinem Unterhalte“, solange sie keine neue Ehe eingingen. Waren keine, oder „weniger als drei Kinder vorhanden“, so erhielt die Witwe bzw. der Witwer den Fruchtgenuß an einem Viertel des hinterlassenen Vermögens. Waren drei oder mehr erbberechtigte Kindern vorhanden, so berechnete sich der Anteil des Fruchtgenusses am Anteil der Kinder. Analog zu den Kindern, die vom Geschlecht und der Generationenfolge unabhängig den gleichen Anteil als Eigentum erhielten, bekam der hinterbliebene Eheteil „zu seinem Unterhalte“ einen Kinderanteil als Fruchtgenuss. Waren etwa fünf erbberechtigte Kinder vorhanden, so erhielt der Witwe bzw. die Witwe das Recht auf den Fruchtgenuss eines Fünftels des hinterlassenen Vermögens.
In allen Fällen war, wie Paragraph 24 ebenfalls stipulierte, das Vermögen einzurechnen, welches der Witwe bzw. dem Witwer aus ehevertraglichen Vereinbarungen zustand. Ob der Witwe bzw. dem Witwer ein Anteil am Fruchtgenuß des Nachlasses zustand, hing daher ganz zentral von den ehegüter- und erbrechtlichen Vereinbarungen einerseits, von der Höhe des Heiratsguts und der Widerlage andererseits ab.
Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch von 1811 (ABGB)
Während das Erbfolgepatent zwar die gesetzliche Erbfolge regelte, in der Praxis aber nur dann zur Anwendung kommen sollte, wenn Erblasser*innen ohne erbrechtliche Verfügungen verstarben, erfolgte mit dem ABGB von 1811 eine umfassende Kodifikation des Erbrechts. Hinsichtlich der gesetzlichen Erbfolge übernahm es im wesentlichen die Bestimmungen des Erbfolgepatentes. Ausgeweitet wurden die Kontexte, in welchen die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung kommen sollte. Neben dem Fall, dass Erblasser*innen keinen letzten Willen hinterlassen hatten, sollte die gesetzliche Erbfolge nun auch dann zur Anwendung kommen, wenn Erblasser*innen
"die Personen, denen er kraft des Gesetzes einen Erbtheil zu hinterlassen schuldig war, nicht gehörig bedacht hat; oder wenn die eingesetzten Erben die Erbschaft nicht annehmen können oder wollen" (§ 727).
Wie bereits das Erbfolgepatent erklärte Paragraph 730 zu gesetzlichen Erb*innen die nach sechs Linien differenzierten leiblichen Verwandten, die es in den nachstehenden Paragraphen de detail beschrieb. Ebenfalls analog zum Erbfolgepatent gestand § 759 „die ganze Erbschaft“ dem rückgelassenen Eheteil nur unter der Bedingung zu, dass er oder sie ohne Verwandte in den sechs Linien und ohne Testament verstorben war. Dies allerdings nur dann, wie der folgende Satz einschränkte, wenn sie oder er nicht schuldig geschieden worden war.
"Doch hat ein aus seinem Verschulden geschiedener Ehegatte weder auf die Erbschaft, noch auf einen Erbtheil des Gatten Anspruch." (§ 759)
Leicht gestärkt wurden die Rechte von Witwen und Witwern. Erstens wurde die Bestimmung abgeschafft, dass mit der Wiederverheiratung auch das Recht auf den Bezug des Fruchtgenusses erlosch. Und zweitens wurden erste Ansätze eines Ehegatt*innenerbrecht eingeführt, allerdings nur für den Fall, das Erblasser*innen über keine erbberechtigten Kinder verfügten. In diesen Fällen erhielt der überlebende Eheteil nun nicht mehr nur ein Viertel des Fruchtgenusses, sondern nach § 758 „das unbeschränkte Eigenthum auf den vierten Theil der Verlassenschaft.“ Auf diesen Erbansprüche war allerdings, wie der nächste Satz erläutert
„dasjenige, was gemäß der Ehe-Pacten, eines Erbvertrages, oder einer letzten Anordnung dem überlebenden Ehegatten aus dem Vermögen des anderen zukommt“ anzurechnen.
Waren erbberechtigte Kinder vorhanden, so erhielt der überlebende Eheteil weiterhin nur das Fruchtgenußrecht an einem Teil des Vermögens. Vom Erbfolgepatent übernommen wurde auch die Relation von Fruchtgenuss und Anzahl der erbberechtigten Kinder:
„wofern drey oder mehrere Kinder vorhanden sind, mit jedem Kinde ein gleicher Erbtheil [als Fruchtgenuss]; wenn aber weniger als drey Kinder vorhanden sind, der vierte Theil der Verlassenschaft zum lebenslangen Genusse; das Eigenthum davon bleibt den Kindern.“ (§ 757)
Während legitimierte Kinder das gleiche Erbrecht wie eheliche Kinder genießen sollten, gestand § 754 unehelichen Kinder zwar ein mit den ehelichen Kindern gleichberechtigtes mütterliches Erbe zu, schloss diese aber vom väterlichen Erbe aus. Analoges galt auch für den Fall, dass ein uneheliches Kind ohne eigene Kinder verstarb, wo § 756 der Mutter, nicht aber dem Vater die Erbfolge zuerkannte.
Pflichtteil
Im vierzehnten Hauptstück regelte das ABGB von 1811 erstmals für alle deutschen Erblanden einheitlich den Pflichtteil. § 762 bestimmte, dass der oder die Erblasser*in die Kinder bzw. in deren Abwesenheit die Eltern mit einem Pflichtteil bedenken musste. Zum Pflichtteil der Söhne und Töchter bestimmte § 768 die Hälfte, zum Pflichtteil der Eltern ein Drittel dessen, was diesen nach der gesetzlichen Erbfolge zufallen würde. Nur unter bestimmten Bedingungen – Abfall vom Christlichen Glauben, unterlassene Hilfeleistung, Verurteilung zu mehr als zwanzigjähriger Strafe oder unsittlichem Lebenswandel – waren Erlasser*innen berechtigt, Töchter und Söhne, aber auch Mütter und Väter zu enterben (§ 768).
Für die Berechnung des Pflichtteils sah § 788 unter anderem vor, dass alles, was die Erblasser*innen ihren Kindern bzw. Enkelkindern bereits als Heiratsgut bzw. Widerlage, nun „Ausstattung“ genannt, bezahlt hatten, vom Pflichtteil abzuziehen waren:
"der Erblasser bey Lebzeiten seiner Tochter oder Enkelinn zum Heirathsgute; seinem Sohne oder Enkel zur Ausstattung, oder unmittelbar zum Antritte eines Amtes, oder was immer für eines Gewerbes gegeben; oder zur Bezahlung der Schulden eines großjährigen Kinder verwendet hat, [wird] in den Pflichttheil eingerechnet [wird]."
Diese Begrenzung betraf vor allem verheiratete Töchter und Söhne, die ihren mütterlichen oder väterlichen Pflichtteil häufig schon bei der Ehe erhalten hatten. Obwohl Ehepartner*innen explizit keinen Pflichtteil hatten, bestimmte § 796, dass dem verwitweten Eheteile, „wenn für den Fall des Ueberlebens keine Versorgung bedungen worden ist, und so lange er nicht zur zweyten Ehe schreitet, der mangelnde anständige Unterhalt“ zusteht. Von dem Recht auf den „anständigen Unterhalt“ wurden allerdings erneut schuldig geschiedene Ehepartner*innen ausgenommen.
3. Regelung der „weltlichen Dinge“
Josephinisches Ehepatent (1783) und ABGB (1786)
Wie im Menüpunkt Eheverfahren | Normen ausgeführt, waren mit Inkrafttretens des Josephinischen Ehepatents im Jahre 1783 nur mehr einverständliche Scheidungen möglich. Das Josephinische Ehepatent wurde eins zu eins ins ABGB von 1786 übernommen. Diese gesetzliche Bestimmung führte nicht nur dazu, dass die Ehepaare keine Gründe für die Scheidung vorbringen mussten, sondern hatte auch zur Folge, dass ein gerichtliches Verfahren etwa in Betreff des Unterhaltes, der Vermögensteilung oder der Obsorge der Kinder nicht mehr möglich war. § 45 des Josephinischen Ehepatents (= § 100 des ABGB 1786) legte eindeutig fest, dass eine Scheidung nur mit einem vorab geschlossenen Vergleich bewilligt werden durfte:
„[…] Eine Sonderung zwischen Eheleuten von Tisch und Bett aber soll in keinem Falle auf eine andere Art geschehen können, als wenn beyde Eheleute übereingekommen sind, getrennt zu wohnen; und wenn dazu noch beyde über den Antheil, den jeder zu behalten oder zu empfangen hat, sich vorläufig einverstanden haben, ohne daß gerichtliche Untersuchung oder richterlicher Spruch dießfalls Statt finden soll.“
Im Gegensatz zu vorangegangenen Bestimmungen, wo die Scheidungsfolgen erst nach der Scheidung bzw. Trennung von Tisch und Bett gerichtlich geregelt werden konnten, gingen die Verfasser des Josephinischen Ehepatents wie auch des ABGB von 1786 von der Grundidee aus, dass die Ehepaare die Scheidungsfolgen selbst regeln konnten. Sie sahen weder eine Überprüfung vor, ob die Vereinbarungen im Scheidungsvergleich einen Eheteil stark benachteiligten noch, ob deren Umsetzung realistisch war. Als einzige Vorgabe bestimmte § 48 des Josephinischen Ehepatents (= § 103 des ABGB 1786), dass „alle zwischen ihnen [den Ehepartner*innen] errichtete Heirathsverträge in voller Kraft“ verbleiben.
Hofdekret (1786)
Das Hofdekret vom Oktober 1786 gestand Eheteilen zwar in Ausnahmefällen wieder das Recht auf eine strittige Scheidungsklage zu, verabsäumte es jedoch weiterhin, Richtlinien für die mit Scheidungsprozessen eng verwobenen Zusatzverfahren bzw. Nebenschauplätze hinsichtlich der ökonomischen Folgen oder der Obsorge der Kinder festzulegen.
Hofdekret (1791)
Mit dem Hofdekret von 1791 wurde erstmals, wenn auch sehr vage formuliert, den Folgen strittiger Scheidungsverfahren Rechnung getragen. Einleitend hielt das Hofpatent fest, dass in jenen Fällen, wo sich die Ehepaare über die mit der Scheidung von Tisch und Bett „verbundene Abtheilung des Vermögens“ nicht einig sind, diese auch im ordentlichen Rechtswege verhandelt werden konnte. Nach welchen Regelungen die Richter ihre Entscheidungen treffen sollten, lässt sich, so das Hofpatent,
„durch besondere Gesetze nicht bestimmen, sondern hängt von den verschiedenen Verhältnisse des Vermögens, der bestehenden Contracte, der Personen selbst, des von dem einen oder anderen streitführenden Theile gestellten Begehrens, und von Anwendung der rechtlichen Grundsätze auf diese Verhältnisse ab“.
Bemerkenswert ist, dass das Hofpatent von 1791 noch davon ausging, dass beide Eheteile finanziell zur Haushaltung beitragen und die bereits bestehenden Gesetze genug Regelungen enthalten würden, wie „es mit der ehemaligen Gemeinschaft der Güter, wenn die Eheleute solche nicht fortsetzen, gehalten werden soll“. Aus der Natur der Dinge ergebe sich, „daß die zur gemeinsamen Haushaltung geleisteten Beyträge bey abgesonderter Wirthschaft geändert werden müssen“. Bei der konkreten Regelung ist
“auf alle eintretenden Umstände, wozu der Unterhalt und die mehrere oder mindere Schuld an der Sonderung (=Scheidung) allerdings gehöret, [zu achten].“
Das Hofpatent hielt explizit fest, dass bei der Scheidung nicht jene Regelungen in Kraft treten, welche für den Todesfall vorgesehen sind. Zum einen dürfen die Scheidung von Tisch und Bett und die Auflösung mittels Tods nicht „vermenget werden“, zum anderen ist im „allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuche, dritten Hauptstücke, §. 103, ausdrücklich verordnet, daß bey der Sonderung alle zwischen den Eheleuten errichteten Heirathsverträge in voller Kraft bleiben.“
Wie bereits erwähnt, erbte im Eheregime der Gütergemeinschaft der überlebende Eheteil – abhängig von der Anzahl der Kinder – zumindest die Hälfte des Vermögens. Nicht so im Eheregime der Gütertrennung, wo das Erbe des überlebenden Eheteils in den Paragraphen 116 bis 118 sehr detailliert geregelt ist.
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (1811)
Wie ebenfalls im Menüpunkt Eheverfahren | Normen beschrieben, erlaubte das ABGB einverständliche Scheidungen weiterhin nur dann, wenn auch ein Einverständnis über die Scheidungsfolgen vorlag. Bei strittigen Scheidungen katholischer Ehepaare sollten die Regelungen zur Anwendung kommen, welche das ABGB für die uneinverständliche „Trennung der Ehe“ jener christlicher Konfessionen bzw. der mosaischen Religion vorsah, die in bestimmten Kontexten eine Scheidung mit Wiederverheiratungsoption ermöglichten.
PROVISORISCHER UNTERHALT
§ 117 des ABGB 1811 legte den Richtern nahe, Streitigkeiten, „welche sich auf einen weiter geschlossenen Vertrag, auf die Absonderung des Vermögens, auf den Unterhalt der Kinder, oder auf andere Forderungen und Gegenforderungen beziehen“ auf dem Vergleichsweg zu regeln. Ließ sich ein solcher nicht erzielen, oblag es dem Richter die Streitparteien auf ein ordentliches Verfahren zu verweisen, wobei für die Dauer des Verfahrens „der Ehegattinn und den Kindern der anständige Unterhalt auszumessen ist.“
GÜTERGEMEINSCHAFT
Im 28. Hauptstück, „Von den Ehe-Pacten“ werden auch die Scheidungsfolgen im Falle einer eingegangenen Gütergemeinschaft geregelt. Hatte das ABGB von 1786 noch bestimmt, dass bei der Scheidung die Heiratsverträge in Kraft blieben, so gestand § 1263 bei einverständlichen Scheidungen den Ehepaaren die Entscheidung zu, ob sie die „Ehe-Pacte fortdauern lassen, oder auf welche Art sie dieselben abändern wollen.“ Bei strittigen Scheidungen, welche nicht mittels Vergleiches, sondern durch ein richterliches Urteil entschieden wurden, kam nun die Verschuldensfrage zur Anwendung. Wurde die Ehe ohne Verschulden des einen oder anderen Eheteils, oder aus beidseitigem Verschulden geschieden, konnte ein Eheteil verlangen, dass die Ehe-Pacte, also der Heiratsvertrag, aufgehoben wurden. § 1264 wies dem an der Scheidung „schuldlosen“ Eheteil das Recht zu, „die Fortsetzung oder Aufhebung der Ehe-Pacte, oder nach Umständen, den angemessenen Unterhalt zu verlangen.“
Wurde die Ehe annulliert, so verloren die Heiratsverträge ihre Gültigkeit und „so zerfallen auch die Ehe-Pacte; das Vermögen kommt, in so fern es vorhanden ist, in den vorigen Stand zurück. Der schuldtragende Theil hat aber dem schuldlosen Theile Entschädigung zu leisten (§. 102).“ (§ 1265)
Genau regelt wird die Vermögensteilung neuerlich nur für die Ehepaare, die nicht der katholischen Religion angehörten („andere christliche Religions-Verwandte“ (§ 115) und „Juden“ (§ 133)). Auch hier wird nach dem Verschulden differenziert. Wird die Trennung der Ehe wegen „unüberwindlicher Abneigung“ beider Eheteile genehmigt, so gelten die „Ehe-Pacte“, sollte kein Vergleich getroffen worden sein, „für beyde Theile erloschen.“ Wird die Ehe durch richterliches Urteil getrennt, erhält der schuldlose Eheteil
„nicht nur volle Genugthuung, sondern von dem Zeitpuncte der erkannten Trennung alles dasjenige, was ihm in den Ehe-Pacten auf den Fall des Ueberlebens bedungen worden ist. Das Vermögen, worüber eine Gütergemeinschaft bestanden hat, wird wie bey dem Tode getheilt, und das Recht aus einem Erbvertrage bleibt dem Schuldlosen auf den Todesfall vorbehalten. Die gesetzliche Erbfolge (§§. 757-759) kann ein getrennter, obgleich schuldloser Ehegatte nicht ansprechen.“
4. OBSORGE
Gegen Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts stieg auch die Reglementierung von Rechten und Pflichten der minderjährigen Bevölkerung. Auf normativer Ebene rückten u. a. die Erziehung und Versorgung Minderjähriger – ehelicher, unehelicher oder adoptierter Kinder – in den Fokus der Obrigkeit.
Die bürgerlich-patriarchale Sicht der Welt, die auch dem ABGB von 1786 und 1811 zugrunde lag, wies den Ehemännern den Part der finanziellen Unterhaltung der Familie zu, während die Aufgaben der Haushaltsführung und der Pflege der Kinder im Zuständigkeitsbereich der Ehefrauen verankert wurden.
Josephinisches Ehepatent (1783)
Analog zur Regelung der Vermögensverhältnisse enthielt das Josephinische Ehepatent auch keine Vorschriften zur Obsorge der Kinder nach der Scheidung, da diese ebenfalls im Scheidungsvergleich geklärt werden musste. Anordnungen zur Obsorge der Kinder finden sich allerdings für jene Fälle, in denen das Gericht die Ehe annullierte, also für null und nichtig erklärte. Hier schrieb § 43 vor, dass die „etwa erzeugten Kinder stets unter der Gewalt des Vaters“ verbleiben sollte, zu ihrer Erhaltung und ihrer Erziehung aber auch die Ehefrau aus ihrem Vermögen beitragen musste.
ABGB (1786)
Das ABGB von 1786 verwies bezüglich der Obsorge der Kinder darauf, dass die Bestimmungen zur Regelung der Annullierungsfolgen analog anzuwenden seien. Diese sahen weiterhin vor, dass „die in einer ungültigen Ehe etwa erzeugten Kinder „stets unter der Gewalt des Vaters“ verbleiben und zu deren“ Erhaltung und Erziehung“ beide Eltern von ihrem Vermögen „verhältnißmäßig beyzutragen“ haben. (§ 115)
Erstmals konkretisiert wurden die generellen Pflichten von Vätern und Müttern gegenüber deren Kindern innerhalb des Ehestandes. Im Unterschied zur Bestimmung des Unterhalts nach einer Annullierung oder Scheidung, wo beide Eltern einen Beitrag „zur Erhaltung und Erziehung“ der gemeinsamen Kinder leisten mussten, findet sich hier kein Hinweis, dass die Ehefrauen auch während der Ehe unterhaltspflichtig waren. Ganz im Gegenteil. Die standesgemäße Erziehung und die finanzielle Absicherung der Kinder wurden den Vätern aufgetragen. Laut Paragraph 3, sei es
„die Pflicht des Mannes […], die Kinder zu einem für den Staat nützlichen Stande zu erziehen, und, wenn sie nicht ein eigenes Vermögen haben, dessen Einkünfte hinreichen, dieselben so lange zu erhalten, bis sie sich selbst ernähren können.“
Die Ehefrauen sollten sich demnach in erster Linie um die Pflege und „Wartung“ der Kinder kümmern und zu ihrer Erziehung beitragen. Das ABGB verlangte von der Ehefrau keinen finanziellen Beitrag zur Unterstützung der Kinder während der Ehe, legte ihnen diese Verpflichtung aber im Falle der Scheidung und im Falle des Todes des Ehemannes auf.
„Die Mutter ist verpflichtet, die Kinder mit Sorgfalt zu pflegen, zu warten, und zur Erziehung derselben nach Kräften beyzutragen. Während der Ehe aber ist sie zu deren Unterhalt von ihrem Vermögen etwas beyzutragen nicht schuldig, als wenn der Vater dazu nicht im Stande ist. Nach dem Tode des Vaters aber liegt der Mutter gleiche Schuldigkeit, wie dem Vater, ob.“ (§. 5)
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (1811)
Explizitere Regelungen waren erst im ABGB von 1811 getroffen worden. Mit der vollumfassenden Wiedereinführung von uneinverständlichen Scheidungen wurde auch, wie unter dem Menüpunkt „Vermögen“ beschrieben, dass Recht auf einen abgesonderten Wohnort und einen provisorischen Unterhalt reimplimentiert, jedoch mit dem feinen Unterschied, dass letzterer explizit nur mehr den Ehefrauen (und den Kindern) zugestanden wurde.
Erstmals wurden auf normativer Ebene auch die gemeinsamen Obsorgepflichten von Vätern und Müttern festgeschrieben, um sie in widersprüchlicher Weise durch weitere Paragrafen wiederum in die patriarchale Ideologie einzubetten. Paragraph 139 nahm explizit beide Elternteile in die Pflicht. Eltern seien verpflichtet „ihre ehelichen Kinder zu erziehen, […] für ihr Leben und ihre Gesundheit zu sorgen, ihnen den anständigen Unterhalt zu verschaffen, ihre körperlichen und Geisteskräfte zu entwickeln, und durch Unterricht in der Religion und in nützlichen Kenntnissen den Grund zu ihrer künftigen Wohlfahrt zu legen.“
Paragraph 141 zerlegte die Pflichten beider Elternteile und bestimmte, dass es
„vorzüglich die Pflicht des Vaters [sei], so lange für den Unterhalt der Kinder zu sorgen, bis sie sich selbst ernähren können. Die Pflege ihres Körpers und ihrer Gesundheit ist hauptsächlich die Mutter auf sich zu nehmen verbunden.“
Ein Novum stellte die rechtliche Anordnung zur altersspezifischen Einteilung bzw. Aufteilung von Kindern nach einer uneinverständlichen Scheidung und die nach Geschlecht differenzierten elterlichen Bestimmungen des Unterhalts dar. Paragraph 142 legte fest, dass im Fall, dass sich das Ehepaar nicht einigen konnte, „Kinder des männlichen Geschlechtes bis zum zurückgelegten vierten; die des weiblichen Geschlechtes bis zum zurückgelegten siebenten Jahre, von der Mutter gepflegt und erzogen werden“ sollten. Ausgenommen davon war nur Fälle, in denen „erhebliche, vorzüglich aus der Ursache der Scheidung oder Trennung hervorleuchtende Gründe eine andere Anordnung fordern. Die Kosten der Erziehung müssen von dem Vater getragen werden.“
Sollte der Vater jedoch mittellos sein, so müsse laut Paragraph 143 „vor allem die Mutter für den Unterhalt“ sorgen. Nach seinem Tod habe die Mutter allein für die Erziehung zu sorgen. Im Falle, dass die Mutter mittellos war oder verstarb, übertrug das ABGB die Verpflichtung an „die väterlichen Großältern, und nach diesen auf die Großältern von der mütterlichen Seite.“
Auch wenn § 144 beide Eltern berechtigte, „einverständlich die Handlungen ihrer Kinder zu leiten“, so unterlag die letztendliche Entscheidungsmacht weiterhin der sogenannten „väterliche Gewalt“ (§ 147), welche die Wahl der Erziehung und des Berufes der Kinder (§ 148) einschloss.
UNTERHALT FÜR KINDER
Unterhaltszahlungen für Kinder mussten im Scheidungsfall immer oberkuratorisch bestimmt und / oder genehmigt werden. Paragraph 219 legte fest, dass das vormundschaftliche Gericht die Unterhaltskosten in Bezug auf die Höhe, Anordnung des Vaters, Gutachten des Vormundes bestimmen solle sowie „auf das Vermögen, auf Stand und auf andere Verhältnisse des Minderjährigen Rücksicht“ nehmen müsse.
Um Unklarheiten bei den Zahlungsfristen entgegenzuwirken, wurde unter § 1418 festgelegt, dass Alimente „wenigstens auf Einen Monath voraus bezahlt“ werden mussten.
VORMUNDSCHAFT UND KURATEL
Im Vierten Hauptstück des ABGB wurde festgelegt, wie und unter welchen Bedingungen die Obsorge von Kindern geregelt werden musste, wenn der Vater nicht in der Lage war, seine väterliche Gewalt über sein(e) Kind(er) auszuüben. Vormündern und Kuratoren oblag in erster Linie die Pflicht, „vorzüglich für die Person des Minderjährigen zu sorgen“ und „zugleich aber dessen Vermögen zu verwalten“.
Bestimmungen rund um die Vormundschaft infolge eines Scheidungsprozesses betrafen dabei sowohl Eltern mit minderjährigen Kindern als auch minderjährige Eheleute selbst. Männlichen Vormündern und Bevormundeten wurden, der patriarchalen Logik folgend, jedoch mehr Rechte als weiblichen Vormündern und Bevormundeten zugesprochen. Laut Paragraph 211 musste „Müttern und Großmüttern“ ein „Mitvormund zugegeben werden“. Bei der Auswahl eines Mitvormundes musste in absteigender Reihenfolge, zuerst „auf den erklärten Willen des Vaters, dann auf den Vorschlag der Vormünderinn, endlich auf die Verwandten des Minderjährigen Rücksicht“ genommen werden. Bei einer Wiederverehelichung der Mutter hatte das Gericht über die Fortsetzung der Vormundschaft zu entscheiden. Beendet konnte eine Vormundschaft nur dann werden, wenn der Vater diese wieder ausüben konnte (§. 250) oder durch Erreichen der Großjährigkeit.
Während Söhne durch die Gestattung der Führung eines eigenen Haushaltes, beispielsweise im Zuge einer Verehelichung, bereits ab dem 20. Lebensjahr die Großjährigkeit erwirken konnten (§ 174), wurde minderjährigen Töchter mit der Eheschließung dieses Recht nicht erteilt. Sie unterstanden bis zur Großjährigkeit weiterhin der Kuratel des Vaters oder des Ehemannes. § 175 bestimmte, dass „eine minderjährige Tochter“ bei der Hochzeit „in Rücksicht ihrer Person unter die Gewalt des Mannes“ kommt. Hinsichtlich des Vermögens „aber hat der Vater bis zu ihrer Großjährigkeit die Rechte und Pflichten eines Curators“. Die Kuratel konnte gerichtlich auch „dem Ehegatten abgetreten werden“ (§ 260). Starb der Mann während der Minderjährigkeit der Ehefrau, so kam diese „wieder unter die väterliche Gewalt.“ (§ 175)
Im Scheidungsfall könne Paragraph 106 zufolge „ein minderjähriger oder pflegebedürftiger Ehegatte […] zwar für sich in die Scheidung einwilligen; aber zu dem Uebereinkommen in Absicht auf das Vermögen der Ehegatten und den Unterhalt, so wie auch in Rücksicht auf die Versorgung der Kinder, ist die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und des vormundschaftlichen Gerichtes nothwendig.“
5. Exekutionsrecht
Zahlreiche Geschiedene – zumeist Ehemänner – kamen den im Scheidungsvertrag vereinbarten bzw. im Urteil festgehaltenen Vereinbarungen (z.B. dem Transfer von Fahrnissen oder Unterhaltszahlungen) nicht nach. Den Ehefrauen stand in diesen Fällen das Recht zu, das Gericht um die gerichtliche Pfändung des Gegners zu bitten.
Die Gerichtsordnung bezeichnete die Zwangsvollstreckung als „Execution“. Sogenannte Exekutionsverfahren konnten von den Eheleuten beispielsweise angestrengt werden, um die Herausgabe von Einrichtungs- oder Kleidungsstücken zu erlangen. Am häufigsten war es jedoch der Fall, dass geschiedene Ehefrauen Geldforderungen aufgrund einer nichtgeleisteten Unterhaltszahlung stellten.
Ebenso wie in der Exekutionsordnung von 1655 war die Voraussetzung für die Bewilligung der Exekution das Vorliegen eines Urteils oder eines rechtsgültigen Vertrages. Die Frist, in welcher der bzw. die Schuldner*in die Schulden zu begleichen hatte, war im Urteil (14 Tage) oder dem Vertrag (Willkür der Parteien) zu nennen. Nach Fristablauf konnte die benachteiligte Partei um die Zwangsvollstreckung anzusuchen.
Die Exekution konnte auf unbewegliche oder bewegliche Güter, auf schuldig gebliebene Arbeiten sowie auf nicht bezahlte Geldbeträge geführt werden. Bei unbeweglichen Gütern hatte das Gericht dafür zu sorgen, dass der bzw. die Gläubiger*in an das Eigentum gebracht wurde. Dazu sollte die Obrigkeit, „unter welcher das Gut gelegen“, verständigt werden, damit diese die klagende Partei in das Grundbuch eingetragen konnte.
Bei beweglichen Gütern hatte das Gericht den Gerichtsdiener zu beauftragen, die Güter dem bzw. der Schulder*in abzunehmen und gegen einen Empfangsschein der klagenden Partei zu übergeben. Verfügte der bzw. die Schuldner*in nicht (mehr) über die geforderten Güter, musste er bzw. sie diese für die beklagte Partei entweder kaufen oder Ersatz und Schadensersatz leisten.
Bei schuldigen Geldbeträgen (wie etwa Unterhaltsleistungen) hatte der bzw. die Gläubige jene Güter des Schuldners bzw. der Schuldnerin namhaft zu machen, auf die er bzw. sie die Exekution führte. Bewilligte das Gericht die Pfändung der Besoldung der beklagten Partei, so hatte es die Kassa des zuständigen Arbeitgebers zu informieren, damit diese dem bzw. der Gläubiger*in das ihm bzw. ihr Zustehende ausbezahlte.
DURCHFÜHRUNG DER VOLLSTECKUNG
Bei unbeweglichen Gütern hatte der Richter die Obrigkeit zu ersuchen, die Vollstreckung (Eintragung des Gläubigers bzw. der Gläubigerin im Grundbuch) vorzunehmen. Danach war der bzw. die Kläger*in befugt, um die Schätzung anzusuchen.
Hatte nach einer 30-tägigen Frist keine Partei die „Feilbietung“ angesucht, musste die klagende Partei das Gut zum Wert der Schätzung übernehmen. Suchte eine Partei um die „Feilbietung“ an, war diese zu bewilligen und dazu drei Termine (jeder mit einer Frist von 30 Tagen) anzuberaumen. Zudem sollte veröffentlicht werden, „daß, wenn das Gut weder bey dem ersten, noch bey dem zweyten Termin um den Schätzungsbetrag, oder darüber an den Mann gebracht werden könnte, es bey dem Dritten auch unter der Schätzung verkauft werden würde“.
Bei beweglichen Gütern hatte der bzw. die Gläubiger*in die zu pfändenden Güter zu benennen. Nicht gepfändet werden konnten „die unentbehrlichen Leibeskleider“ sowie „nöthige Werkzeuge, womit ein derley Schuldner sich täglich die Nahrung für sich, und seine Familie verschaffen kann“. Nur bedingt (in Ermangelung anderer Gegenstände) gepfändet werden durften Gegenstände, die der bzw. die Schuldner*in zu seiner bzw. ihrer „Berufsarbeit bedarf, oder dessen Abgang ihm zum besondern Schaden, oder dessen Veräußerung zum Schimpfe gereichen würde“.
Nach Einlangen des Exekutionsgesuchs hatte der Richter dem Gerichtsdiener die Pfändung aufzutragen. Dieser sollte sich mit der klagenden Partei (oder deren Anwalt) zur beklagten Partei begeben, dieser eine Abschrift der bewilligten Pfändung übergeben und die zu pfändenden Güter genau beschreiben. Nach der Pfändung sollte der Gerichtsdiener dem Gericht einen Bericht (Relation) erstatten und die Beschreibung (Verzeichnis der gepfändeten Guter) einreichen. In Hinblick auf die Schätzung, Einantwortung (Transferierung) und Feilbietung der gepfändeten Güter galten dieselben Spielregeln wie für unbewegliche Güter, nur sollten die Feilbietungsfristen 14 Tage laufen.
Fanden sich beim bzw. bei der Beklagten keine Güter oder zur Deckung der Forderung nicht ausreichende Güter, konnte der Richter auf Antrag der klagenden Partei dem bzw. der Schuldner*in die „Namhaftmachung aller seiner Güter binnen 3 Tagen bey wirklichem Arreste auftragen“.
Andrea Griesebner unter Mitarbeit von Isabella Planer und Birgit Dober und Georg Tschannett, 2020