Aus Fehlern lernt man ja bekanntlich…

Im Dezember 1809 ließen sich Johann und Rosa Kroy einverständlich von Tisch und Bett scheiden. Beide waren noch recht jung: Johann Kroy war zum Zeitpunkt der Trennung 35 Jahre alt und Ingrossist bei der k. k. Hofkriegsbuchhaltung. Rosa Kroy, geborene Haan, war neun Jahre jünger. Beide lebten in der Josefstadt. Aus der Ehe war eine Tochter hervorgegangen.

Laut dem zwischen beiden Eheleuten vereinbarten Scheidungsvertrag versprachen sich „beide Theile nach vorgenommener Trennung von Tisch und Bett, niemandem die die gegenwärtige Ehescheidung veranlassenden Gründe mitzutheillen und einander bei allen Gelegenheiten mit wechselseitiger Achtung zu behandeln“.

Was die Scheidungsfolgen anbelangt, kann davon ausgegangen werden, dass sich die Ehefrau in einer starken Position befand, da der ihr zugesprochene Unterhalt den üblicherweise der Ehefrau zustehenden Anteil an den Einkünften des Ehemannes überstieg. Rosa Kroy wurde nämlich nicht – wie üblich – nur ein Drittel zugesprochen, sie hatte einen Anspruch auf zwei Fünftel der Einkünfte ihres geschiedenen Ehemanns zuzüglich der Alimentationszahlung für die Tochter.

Konkret verdiente Johann Kroy als Beamter 700 Gulden pro Jahr. Aus Kapitalgeschäften bezog er zusätzlich jährlich 750 Gulden an Zinsen. Er entschloss sich, so lautete die Regelung im Scheidungsvertrag, seiner geschiedenen Ehefrau einen Unterhalt von jährlich 800 Gulden zu zahlen. 600 Gulden waren für Rosa Kroy vorgesehen, die restlichen 200 Gulden für die Verpflegung und Erziehung der Tochter. Rosa Kroy musste die Wohnung räumen. Für den Fall, dass Johann Kroy in Zukunft geringere Einkünfte beziehen sollte, sollte der Unterhalt im selben Verhältnis reduziert werden. Sollte sein Verdienst ansteigen, stand Rosa Kroy neben den versprochenen 800 Gulden ein Viertel der Besoldungserhöhung zu.

Nach der Scheidung von Tisch und Bett heiratete Johann Kroy 1825 erneut. Er war in der Zwischenzeit beruflich aufgestiegen: Im Heiratsvertrag vom September 1825 wird er als k. k. Rechnungsrat  bezeichnet. Verglichen mit den Bezügen vor 16 Jahren, bezog er nun auch beinahe die doppelte Besoldung. Rosa Kroy war vermutlich verstorben. Die Recherche nach ihrem Sterbedatum blieb bislang erfolglos.

Wohl um sich im Fall eines erneuten unglücklichen Verlaufs der Ehe Verhandlungen über einen etwaigen Unterhalt und dessen Höhe zu ersparen, traf Johann Kroy im Vorfeld der zweiten Eheschließung diesbezügliche Vorkehrungen. Für den Fall einer Scheidung von Tisch und Bett sollte seine zweite Ehefrau sich mit einem weitaus geringeren Unterhalt zufriedengeben. Laut Heiratsvertrag sollte ihr nach einer Scheidung lediglich ein Sechstel der Einkünfte Johann Kroys zustehen. Die Passage im Heiratsvertrag lautete wie folgt:

Erkläret die Braut, daß, wenn während des Ehestandes sich Fälle ereignen sollten, welche eine Ehescheidung herbeiführen, sie sich mit einem Sechstel des dermahligen Gehaltes des Bräutigames, welcher in 1.200 Gulden bestehet, begnügen wolle, und daß, wenn dieser Gehalt in der Folge durch irgendeinen Zufall vermindert werden sollte, sie sich auch mit einem Sechstel des verminderten Gehaltes zufriedenstellen, endlich wenn der Bräutigam in der Zukunft pensionnirt werden sollte, sie sich auch mit einem Sechstel der Pension behelfen wolle.

WStLA 1.2.3.2.A10 179/1841

Dass in Heiratsverträgen katholischer Brautpaare unterhaltsbezogene oder vermögensrechtliche Vorkehrungen für den Fall einer Scheidung getroffen wurden, war bislang unbekannt. Aus Eheverträgen jüdischer Brautpaare kennt die Historiografie solche vorkehrenden Maßnahmen sehr wohl. Wie an Johann Kroy und seinen zwei Ehen zu sehen ist, lernt man ja bekanntlich aus Fehlern …