Normen

1. Ehegüterregime
2. Regelung der „weltlichen Dinge“
3. Exekutionsrecht

1. Ehegüterregime

Landrechtsentwurf (1526)

Im Erzherzogtum Österreich unter der Enns gingen Braut und Bräutigam meist eine Gütergemeinschaft ein. Dem niederösterreichischen Landrechtsentwurf von 1526 zufolge sollten das von der Braut (bzw. ihren Eltern) in die Ehe eingebrachte Heiratsgut (dos, Mitgift) und die vom Bräutigam (bzw. seinen Eltern) eingebrachte Widerlage (donatio) in etwa gleich hoch ausfallen. Die Morgengabe, auch „verlorenes Gut“ genannt, galt als „ain belonung der jungkhfreulichen eeren“. Sie sollte im Wert rund der Hälfte des Heiratsguts entsprechen und stand der Braut zu, die ihre erste Ehe einging oder auch dem Bräutigam, wenn er Junggeselle war und eine Witwe ehelichte.

Höhe und Zeitpunkt der Übergabe von Heiratsgut, Widerlage und Morgengabe galt es schriftlich in einem Heiratsvertrag festzulegen. Während die Morgengabe dem bislang nicht verheirateten Eheteil allein zustand, waren Heiratsgut und Widerlage als gemeinsames Startkapital gedacht, um „von solchem […] die purden des eelichen stands [zu] underhalten“. Zusätzlich konnte Vermögen als sogenanntes Paraphernalgut in die Ehe eingebracht werden. Dieses meist von Frauen eingebrachte Vermögen konnte zum Nutzen der ehelichen Wirtschaft zwar vom Ehemann verwaltet werden, blieb jedoch von der ehelichen Gütergemeinschaft ausgenommen und juristisch im Eigentum der einbringenden Person.

Im Heiratsvertrag galt es auch festzuhalten, wie das eheliche Vermögen nach dem Tod eines Eheteils aufgeteilt werden sollte. Üblich waren Bestimmungen, welche die Anzahl potentieller Kinder berücksichtigte. War die Ehe kinderlos, so erhielt der überlebende Eheteil meist zumindest zwei Drittel des ehelichen Vermögens, die Verwandtschaft ein Drittel. Wurde die Ehe nur mit einem Kind „gesegnet“, ging ein Drittel an das Kind. Waren zwei oder mehr Kinder aus der Ehe hervorgegangen, so verblieb dem überlebenden Eheteil eine Hälfte des ehelichen Vermögens. Die andere Hälfte ging zu gleichen Teilen als väterliches bzw. mütterliches Erbe an die Söhne und Töchter des verstorbenen Eheteils.

Nicht explizit geregelt waren im niederösterreichischen Landrechtsentwurf die weltlichen Konsequenzen im Falle der Annullierung, Trennung oder Scheidung der Ehe: Wer erhielt die Obsorge über welche minderjährigen Kinder zugesprochen? Wie wurde das eheliche Vermögen geteilt und in welchen Kontexten war ein Eheteil unterhaltsberechtigt bzw. unterhaltspflichtig?

Codex Theresianus (1766)

Im Kontext der zivil- und strafrechtlichen Kodifikationsbestrebungen nahmen auch die Regulierungen im Bereich von Ehe und Familie zu. Maria Theresia erließ für die österreichischen Länder eine Fülle von Normen, die den Zugang zur Ehe begrenzen sollten. Während das kanonische Recht den freien Willen beider Brautleute als wichtigste Voraussetzung für eine Heirat sah, betonten die weltlichen Verordnungen darüber hinaus die Notwendigkeit der elterlichen und der grundobrigkeitlichen Zustimmung zur Eheschließung. Den weltlichen Obrigkeiten war es wichtig, dass die Brautleute über ausreichendes Vermögen für die Gründung eines neuen Hausstands verfügten, damit das Ehepaar und seine Kinder möglichst nicht der kommunalen Armenversorgung zur Last fallen würde.

„Gewerb- und mittellosen Leuten“ sei das Heiraten nicht zu gestatten, hieß es etwa in einer Verordnung vom 1. Juli 1746. Auch den Abfluss von erwirtschaftetem bzw. ererbtem Vermögen galt es zu verhindern. Der rechtliche Fokus galt allerdings nur den Frauen: Professionisten-Witwen und adelige bzw. bemittelte „Weibspersonen“ sollten ohne ausdrückliche Erlaubnis keine „Ausländer“ mehr heiraten dürfen, wie zwei Hofentschließungen von 1752 festhielten. Bäuerlichen Bevölkerungsgruppen sei der Konsens zur Heirat dagegen leichter zu erteilen, hieß es in einem Hofrescript von 1753. Ihre Grundstücke könnten geteilt und die noch nicht zur schweren Landarbeit geeigneten Kinder im Flachsanbau und am Spinnrad arbeiten, um so zum familiären Lebensunterhalt beizutragen und zugleich die Leinweberei zu befördern. Soldaten und Invalide sollten nur dann zur Ehe zugelassen werden, wenn diese entweder den Nachweis über ihren ausreichenden Unterhalt erbringen konnten oder aber ihre künftigen Ehefrauen bereit waren, den Unterhalt zu übernehmen, wie Dekrete aus den Jahren 1771 und 1775 festlegten.

Darüber hinaus befasste sich der in den Jahren 1753 bis 1766 zusammengestellte Codex Theresianus mit den Rechten und Pflichten in der Ehe. Diese Bestimmungen erlangten zwar keine formale Gesetzeskraft, fassten jedoch grundsätzliche normative Überlegungen zusammen und sollten in Teilen später in das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch von 1786 übernommen werden.

In Teil 1, Kapitel 2, Abschnitt 4 „Von dem Hausstand“ findet sich im Codex Theresianus erstens geregelt, welche Personen zum Hausstand gehörten. Recht allgemein werden dazu alle Personen gezählt, die „unter einem Hausvater in einer häuslichen Gesellschaft vereiniget leben“, also Ehefrau, Kinder und Dienstleute. Zweitens werden die Pflichten der Ehefrau und des Ehemannes bestimmt. Die Ehefrau sei schuldig, den Namen (und gegebenenfalls das Wappen) ihres  Mannes zu tragen, ihm den Wohnort bestimmen zu lassen und „in der Haushaltung alle Hilfe zu leisten“, die ihrem „Stande, Kräften und Kündigkeit“ entsprächen. Der Ehemann hingegen sei „verbunden, sie seinem Stande gemäß zu ernähren und zu unterhalten, wie nicht minder dieselbe sowohl gerichtlich als außergerichtlich zu vertreten und zu beschützen.“

Teil 1, Kapitel 3 „Von den Ehebindnissen“ beschäftigt sich unter anderem mit in die Ehe eingebrachten Vermögenswerten: Heiratsgut, Widerlage, Geschenke und „ehegattliches Vermögen“ (Paraphernalgut). Das Heiratsgut, auch Ehesteuer, Mitgift oder Brautschatz genannt, war laut Codex Theresianus keine juristisch notwendige Voraussetzung zur Eheschließung, sondern vielmehr eine „allgemeine Geziemung“. Neben der Höhe sollte schriftlich auch festgelegt werden, ob dieses vor oder während der Ehe zu bezahlen war. Das Heiratsgut wurde entweder von den Eltern der Braut aufgebracht oder von der Braut aus ihrem eigenen Vermögen bestritten. Im letztgenannten Fall sollte das Heiratsgut der Braut nicht mehr als ein Drittel ihres Vermögens ausmachen, welches sie zum Zeitpunkt der Hochzeit besaß. Für ärmere Schichten durfte das Heiratsgut auch bis zur Hälfte des Vermögens der Braut betragen. Die Widerlage, auch Gegenvermächtnis genannt, war vom Bräutigam oder dessen Eltern zu bezahlen. Die Widerlage sollte den Wert des Heiratsguts nicht übersteigen und falls vom Bräutigam eingebracht, nie mehr als ein Viertel seines Vermögens ausmachen. Der Zweck der eingebrachten Vermögenswerte wurde zeitlich differenziert:

„Die Eigenschaft der Widerlage ist übrigens mit jener des Heirathguts einerlei, außer daß das Heirathgut die Erleichterung der Ehelasten an Seiten des Manns währender Ehe, die Widerlage aber die Versorgung des Weibs nach aufgelöster Ehe zur Absicht habe.“

Sollte die Ehe annulliert werden, so konnte das Heiratsgut (und analog dazu die Widerlage) zurückgefordert werden:

„Wann demnach die Ehe aus was immer für Ursache mit oder ohne Schuld eines oder des anderen Theils nicht erfolget, oder die schon angetretene Ehe wegen einer ehetrennlichen Hinderniß für ungiltig erkläret, und sonach die vermeinte Eheleute geschieden worden, höret alles Recht des Heirathguts dergestalten auf, daß nicht nur das versprochene nicht begehret, sondern auch das schon übergebene und empfangene als ein von dem anderen ohne Ursach vorenthaltenes Gut zurückgeforderet werden könne.“

Die bisher beschriebenen Regelungen machen sichtbar, dass als Ehegüterregime nicht die Gütergemeinschaft, sondern die Gütertrennung die Richtschnur bildete. Nicht definiert findet sich daher auch, wie im Falle der Annullierung das eheliche Vermögen (Gütergemeinschaft) geteilt werden sollte. Neuerlich wurden nur Regelungen für die Gütertrennung getroffen: Für den Fall, dass die Braut oder der Bräutigam die Schuld an der Annullierung trug, da ihr oder ihm etwa ein trennendes Ehehindernis schon vor der Trauung bekannt gewesen war, gestand der Codex Theresianus dem „Hintergangenen“ das Recht zu, „die Entschädigung und sonstigen Entgang an dem Schuldigen anzusuchen“.

Im Trennungs- oder Scheidungsfall konnte das in die Ehe eingebrachte Vermögen nicht einfach zurückverlangt werden. Hatte der  Ehemann an der Trennung oder Scheidung von Tisch und Bett Schuld, so verlor er für den Zeitraum, in welchem das Ehepaar getrennt leben durfte, allerdings das Nutzungsrecht am Heiratsgut der Ehefrau.

„hätte dann der Mann durch seine Untreue, durch allzuhartes Verfahren oder durch boshafte Verlassung zur erfolgten gerichtlichen Sönderung von Tisch und Bett Ursach gegeben, welchen Falls er auch die Nutzung des Heirathguts verlieret.“

War der Ehemann zum „Verschwender“ erklärt worden, so verlor er zwar nicht das Nutzungsrecht des Heiratsgutes. Die Ehefrau konnte aber „dessen hinreichende Sicherstellung oder anderweite sichere Anlegung, doch allemal mit der dem Mann vorbehaltenen Nutzung“ verlangen. Eine Sicherstellung des Heiratsguts war auch für den Fall vorgesehen, wenn der Ehemann wegen eines strafrechtlichen Deliktes sein Vermögen verlor:

„Desgleichen solle das Heirathgut während der Ehe in Sicherheit gebracht werden, wann der Mann Verbrechens halber sein Vermögen verwirket hätte“.

Obwohl wie ausgeführt die Widerlage zur Versorgung der Ehefrau nach dem Tod des Ehemannes gedacht war, finden sich im Codex Theresianus bemerkenswerterweise keine analogen Bestimmungen zum Schutz der Widerlage.

2. Regelung der „weltlichen Dinge“

Auch wenn wir bislang keine normativen Regelungen vor dem ausgehenden 17. Jahrhundert gefunden haben, so scheint es in der Praxis unbestritten gewesen zu sein, dass die Konsistorien auch über das Recht verfügten, während des Verfahrens in der Hauptsache einen provisorischen Unterhalt zu bestimmen und die Obsorge der Kinder provisorisch zu regeln.

Gerichtsordnung für Konsistorien

Ein undatiertes Edikt zur Gerichtsordnung des bischöflichen Konsistoriums, welches vermutlich aus dem späten 17. Jahrhundert stammt, richtete sich an die Advokaten. Das übergeordnete Ziel war, die Dauer der Prozesse abzukürzen. Unter Punkt 14 findet sich geregelt, dass ein festgelegter provisorischer Unterhalt auch dann zu zahlen war, wenn gegen diesen das Rechtsmittel der Appellation ergriffen wurde. Indirekt erfahren wir nicht nur, dass die Konsistorien über das Recht verfügten, einen provisorischen Unterhalt zuzuerkennen, sondern auch, dass sie über das Recht verfügten, dessen Höhe festzulegen. Das Edikt bestimmte nicht nur, dass durch die Appellation die Alimentations-Verpflichtung nicht ausgesetzt werde, sondern ordnete auch an, dass die Zuerkennung und Festlegung der Höhe des Unterhalts nicht in zwei getrennten Verfahren, sondern möglichst in einem Schritt erfolgen sollte, damit die Bezahlung des provisorischen Unterhalts nicht verzögert werde.

Mit der Argumentation, Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen der weltlichen und der kirchlichen Obrigkeit zu vermeiden, wies eine Verordnung vom Oktober 1753 die geistlichen Konsistorien an, bei Eheversprechens-, Deflorations- und Vaterschaftsklagen nicht mehr über Heiratsgut, Kindbettkosten und „Kindesunterhaltung“ zu entscheiden. Zudem wurde den Konsistorien auch das Recht entzogen, bei Trennungs- bzw. Scheidungsverfahren über den Unterhalt zu entscheiden.

Die Regelung der „weltlichen Dinge“ sollte künftig allein den weltlichen Gerichten vorbehalten sein. Selbst wenn sich die Eheparteien im Vorfeld auf ein bestimmtes Quantum an Unterhalt geeinigt hatten, oblag die Entscheidung und damit auch die Exekution bei Säumnis ab diesem Zeitpunkt den weltlichen Obrigkeiten. Zugleich untersagte die Verordnung, allfällige Streitfragen an weltliche oder geistliche Gerichte außerhalb der österreichischen Erblande zu tragen, ohne zuvor die Erlaubnis der übergeordneten Instanz eingeholt zu haben. Weltliche Gerichte wurden zudem angewiesen, etwaige den Urteilen der Konsistorien beigefügte Bestimmungen über Heiratsgut, Kindbettkosten und Unterhalt nicht anzuerkennen oder durchzuführen. Nicht bezweifelt wurde in der Verordnung dagegen die Zuständigkeit des Kirchengerichts für die Entscheidungen in der Hauptsache, also über Eheversprechens-, Deflorations- oder Vaterschaftsklagen sowie hinsichtlich der Trennung oder Scheidung von Tisch und Bett.

Codex Theresianus (1766)

Der Codex Theresianus von 1766 bekräftigte die Abgrenzung zwischen kirchlicher und weltlicher Kompetenz in Ehefragen:

„Das Band, welches zwischen Mann und Weib besteht, insoweit es den Ehestand selbst unmittelbar betrifft, ist geistlichen, dahingegen sind alle desselben Wirkungen in zeitlichen der weltlichen Obrigkeit unterworfenen Dingen weltlichen Rechts.“

Die Entscheidungen darüber, ob eine Ehe gültig war und ob ein Ehepaar getrennt voneinander leben durfte, sollten weiterhin bei den Kirchengerichten liegen. Den weltlichen Gerichten schrieb der Codex Theresianus aber in Fällen unerlaubter eigenmächtiger Trennungen unterstützende Tätigkeiten zu: „so hat gleichermaßen das weltliche Gericht nöthigenfalls an Hand zu gehen, damit die eigenwillig getrennte Eheleute zur häuslichen Beiwohnung angehalten werden.“ Außerdem sei es weltlichen Gerichten nicht verwehrt, „zur Aussöhnung getrennter Eheleuten alle gütliche Vermittlung anzuwenden.“

Auch wenn der Codex Theresianus die kirchliche Jurisdiktion in Ehesachen bestätigte, so entzog er den Konsistorien das Recht, über die weltlichen Konsequenzen der Annullierungs- und respektive Scheidungsfolgen zu entscheiden: Die Aufteilung des Vermögens nach der Annullierung einer Ehe sollte allein den weltlichen Gerichten vorbehalten sein:

"sind die beiderseitige Ansprüche des zugebrachten Vermögens halber, so etwann ein Theil dem anderen vorenthielte, oder wegen des Verlusts, welchen ein Theil oder der andere aus Anlaß der ungiltigen Ehe erleidet, lediglich bei denen weltlichen Gerichten auszuführen.“

Bei der Festlegung des Unterhalts nach einer vom Konsistorium genehmigten Scheidung von Tisch und Bett sollten die weltlichen Richter die vom Konsistorium „anerkannte Schuldtragung des einen des oder anderen Theils“ berücksichtigen. Die Schuldfrage sollte darüber entscheiden, „ob nämlich der Mann das Weib forthin zu unterhalten verbunden oder von weiterer Abreichung des Unterhalts entledigt bleiben solle.“ Neben der  Entscheidung ob und wenn ja in welcher Höhe und auf welche Art der Ehemann einen Unterhalt zu leisten hatte, sollten die auch die Entscheidung über die „Erziehung und Unterhaltung der Kinder“ den weltlichen Gerichten vorbehalten sein. Diese Regelungen sollten nach Möglichkeit vom Ehepaar außergerichtlich getroffen werden.

Die Höhe des Unterhalts sei nach „Stand und Würde des Manns nach denen Kräften seines Vermögens, nach Maß des zugebrachten Guts und anderweiter Mitteln des Weibs“ zu bestimmen, bei ärmeren Schichten „aber nach dessen Besoldung, Verdienst, Gewerb, Nahrungsfähigkeit des Weibs“. Mit dem Unterhalt sollte lediglich das standesgemäße Leben und gegebenenfalls auch die standesgemäße Bestattung ermöglicht werden. Nicht zum Unterhalt gehörte „aber was zur Pracht und überflüssigen Gemächlichkeit dienet“. Vor dem Hintergrund, dass die Trennung eines Ehepaars von Tisch und Bett nach Möglichkeit nur von vorübergehender Dauer sein sollte, warnte der Codex Theresianus auch vor den Gefahren eines zu hohen Unterhalts:

„Vornehmlich solle dabei das Augenmerk dahin gerichtet werden, damit weder das Weib durch den allzugroßen Unterhalt in der Gemüthsentfernung gestärket, indessen aber der Mann an Mitteln erschöpfet, außer Nahrungsstand gesetzet, oder die geziemende Erziehung der Kinder behinderet, noch auch der Mann durch den allzugeringen Unterhalt abgehalten werde, der von Zeit zu Zeit zu versuchen habenden Vereinigung die Hand zu bieten.“

Vage bleibt im Codex Theresianus dagegen, ob die Einforderung und Abänderung eines provisorischen Unterhalts während eines laufenden Eheverfahrens in der geistlichen oder weltlichen Gerichtskompetenz lag. Wenn sich Ehefrauen in begründeter Weise an die weltlichen Instanzen wandten, so der Grundtenor, sollte ihnen Hilfe geleistet werden:

„Außer dem Fall der Ehescheidung kommt es zwar wegen Unterhaltung des Eheweibs nicht leicht zur gerichtlichen Erkanntniß. Wo aber jedoch begründete Ursach zur Beschwerde vorhanden wäre, so hat das weltliche Gericht wegen Beobachtung des schuldigen Wohlstands schleunige Vorsehung zu treffen und, da gütliche Versuche nichts verfingen, auch nöthigen Falls nach vorstehender Maßgabe die richterliche Hilfe [der Ehefrau] zu ertheilen.“

 

3. Exekutionsrecht

Exekutionsordnung (1655)

Die Exekutionsordnung für Österreich unter der Enns von 1655 definierte die Schritte, welche Gerichte beim Exekutionsverfahren setzen sollten. Voraussetzung für die Genehmigung einer Exekution war die Vorlage eines rechtsgültigen Urteils bzw. eines gültigen Vertrages.

GEBOTSBRIEF

Auf die erste Klage und ohne Anhörung des Schuldners bzw. der Schuldnerin sollte das Gericht einen „Gebotsbrief“ ausstellen. Dieser beinhaltete die Aufforderung, innerhalb einer bestimmten Zeit (meist 14 Tage) zu zahlen. Kam der bzw. die Schuldner*in der Forderung nicht nach, sollte das Gericht auf Antrag der klagenden Partei einen „Warnungsratschlag“ ausstellen, welcher, sofern der bzw. die Schuldner*in in der Zwischenzeit nicht bezahlt hatte („wofern nichts einkommen“), die Pfändung unter kürzerer Fristsetzung (meist acht Tage) androhte. Ließ der bzw. die Schuldner*in auch diese Frist verstreichen, so sollte beim dritten Antrag die Pfändung bzw. die Vollziehung des Urteils bewilligt werden.

PFÄNDUNG

Mit der Durchführung der Pfändung („dem Ansatz“) hatten die Gerichte den Gerichtsdiener zu beauftragen. Seine Aufgabe war es, dem Gericht eine Beschreibung (Verzeichnis der gepfändeten Güter) zu übermitteln.

Reichten die im Verzeichnis beschriebenen Güter nicht aus, um die Schulden zu decken, so sollte die klagende Partei das Gericht ersuchen, dem bzw. der Schuldner*in aufzutragen innerhalb von drei Tagen (bei sonstigem Personalarrest) weitere Besitztümer bekannt zu geben. Kam er bzw. sie dieser Aufforderung nicht nach, so sollte das Gericht die Bekanntgabe der „Auflaggüter“ nochmals mit einer dreitägigen Frist einmahnen.

Sollte der bzw. die Schuldner*in zwar angeben, über keine bzw. über keine weiteren „Auflaggüter“ zu verfügen, die klagende Partei allerdings begründet darlegen, dass der bzw. die Schuldner*in über nicht angegebene Güter verfügte, so konnte das Gericht dem bzw. der Schuldner*in die Ablegung eines körperlichen Eids auftragen, dass er bzw. sie „keine bessere Zahlungsmittel in seinem Vermögen habe“.

Die gepfändeten Güter gingen in den vorläufigen Besitz des Gerichts über und sollten mit einer sechswöchigen Frist per „Edict“ zur Versteigerung ausgeschrieben werden. Während dieser Zeit hatte der bzw. die Schuldner*in noch die Gelegenheit, seine bzw. ihre Schulden zu bezahlen. Bezahlte sie oder er, so hatte das Gericht die Pfändung aufzuheben und rückgängig zu machen („Relaxierung des Ansatzes“).

EINANTWORTUNG

Verlief die sechswöchige Frist, ohne dass der bzw. die Schuldner*in seine bzw. ihre Schulden bezahlt hatte, so sollte das Gericht, neuerlich auf Antrag der klagenden Partei, die „Einantwortung“ (Transferierung der Güter) und „Schätzung“ bewilligen. Widersetzte sich der bzw. die Beklagte der Schätzung, indem er bzw. sie sich zum Beispiel weigerte, einen Grundbuchsauszug vorzulegen, konnte er bzw. sie in Arrest genommen werden. Fühlte sich ein Teil nach der vorgenommenen Schätzung benachteiligt, konnte er eine „Commission zur Überschätzung“ beantragen.

Verwendete Quellen

Edikt zur Gerichtsordnung des bischöflichen Konsistoriums (undatiert, Ende des 17. Jahrhunderts, nach 1677 und vor 1704), in: Codex Austriacus, Band 2, Wien 1704, S. 430-436.

Die Jurisdikzion in causis matrimonii & deflorationis zwischen den geistlichen und Zivilgerichten, Verordnung vom 20. bzw. 27. Oktober 1753, in:  Sammlung aller k.k. Verordnungen und Gesetze vom Jahre 1740. bis 1780. … zu dem Handbuche aller unter der Regierung des Kaisers Joseph des II. für die k. k. Erbländer ergangenen Verordnungen und Gesetze in einer chronologischen Ordnung: Sammlung aller k.k. Verordnungen und Gesetze vom Jahre 1740. bis 1780. … verlegt bei Joh. Georg Mößle, Wien 1786.

Susanne Hehenberger, Juli 2020
Letztes Update: Susanne Hehenberger/Andrea Griesebner, Oktober 2020

Weiter: Methode
Zitation: Susanne Hehenberger und Andrea Griesebner, Normen » Einstieg » Scheidungsfolgen » Kirchliche Gerichtsbarkeit (1558–1783), in: Webportal. Ehen vor Gericht 3.0, 2024, <http://ehenvorgericht.univie.ac.at/?page_id=10671>. [Zugriffsdatum: 2024-11-24]