Präsentation: 21. November 2018, 18.30-20.00, HS 30, Hauptgebäude der Uni Wien

Geschichte am Mittwoch

Präsentation des Webportals: Ehen vor Gericht 2.0 | Marriages at Court 2.0 und Ehepaare vor dem Wiener Zivilmagistrat (1783–1850)

Birgit Dober | Andrea Griesebner | Susanne Hehenberger | Isabella Planer

Moderation: Evelyne Luef

Die katholische Kirche vertritt den Standpunkt, dass bei der Trauung ein sakramentales Eheband gestiftet wird, welches nur durch die Annullierung oder den Tod des Ehepartners / der Ehepartnerin gelöst wird. Bei nachgewiesenen schweren Eheverfehlungen erlaubt das kanonische Eherecht allerdings eine befristete Trennung oder eine unbefristete Scheidung von Tisch und Bett. Mit der Einführung der Zivilehe im Juni 1938 verlor dieses Institut zunehmend an Bedeutung und geriet sowohl im Alltag wie auch in der Geschichtswissenschaft in Vergessenheit. Seit 2010 untersucht Andrea Griesebner mit einem Team von Mitarbeiter*innen die Ehegerichtsbarkeit im Erzherzogtum Österreich unter der Enns seit der Mitte des 16. Jahrhunderts. Für ausgewählte Zeitsegmente zwischen 1558 und 1867 konnten rund 3.500 Gerichtsverfahren von mehr als 2.200 Ehepaaren eruiert werden.

Begleitend zu den Forschungen entwickelte das Team das Webportal Ehen vor Gericht, welches im November 2015 online ging. In den letzten Jahren wurde die Präsentationsplattform zunehmend erweitert. Das heute durchgehend zweisprachige Webportal Ehen vor Gericht 2.0 |Marriages at Court 2.0 bietet – differenziert nach Untersuchungszeiträumen und untersuchten Gerichten – einen Einblick in die Zielsetzung, informiert über die Arbeit mit den Quellen und stellt Forschungsergebnisse vor. Das Herzstück bildet eine Datenbank der erhobenen Eheverfahren, mittels derer die Eckdaten – von den vorgebrachten Argumenten bis zum Urteil – abrufbar sind. Soweit rekonstruierbar, enthält die Webdatenbank auch die Personenstandsdaten der Ehepartner*innen, das Heiratsdatum, den Familienstand und das Alter bei der Hochzeit sowie den gemeinsamen Wohnort des Ehepaares.

Vorgestellt werden zugleich die Ergebnisse des vom 1. März 2018 bis 30. Juni 2018 am Institut für die Erforschung der Frühen Neuzeit (IEFN) angesiedelten Forschungsprojekts: Scheidungsverfahren vor dem Wiener Zivilmagistrat (1783–1850). Das von der Stadt Wien finanzierte Forschungsprojekt ermöglichte uns weitere personenbezogenen Recherchen für jene 396 Ehepaare bzw. 792 Personen, welche in einem der untersuchten Zeitsegmente zwischen 1783 und 1850 ein „uneinverständliches“ Scheidungsverfahren vor dem Wiener Zivilmagistrat führten. Uns interessierte insbesondere: Wohnorte vor und während der Ehe, Zivilstand und Alter von Braut und Bräutigam bei der Heirat, Berufe vor und während der Ehe, Altersdifferenz der Ehepartner*innen und Dauer der Ehe beim ersten Scheidungsverfahren.

Dr. Andrea Griesebner ist ao. Univ. Prof. am Institut für Geschichte, derzeit Institutsvorständin, sie leitete beide FWF-Forschungsprojekte und das Projekt der Stadt Wien.

Dr. Susanne Hehenberger gehörte zum Kernteam beider FWF-Projekte und zum Team des Projekts der Stadt Wien, MMag. Birgit Dober und Isabella Planer MA zum Kernteam des zweiten FWF-Projekts, Isabella Planer zudem auch zum Team des Projekts der Stadt Wien. Zu den Biografien siehe „Team“ am Webportal Ehen vor Gericht 2.0.